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Automatisierung 4.0. Objektorientierte Entwicklung modularer Maschinen für die digitale Produktion


Thomas Schmertosch, Markus Krabbes: Automatisierung 4.0. Objektorientierte Entwicklung modularer Maschinen für die digitale Produktion, Carl Hanser Verlag München, 2018

Der Begriff „Industrie 4.0“, der von der deutschen Bundesregierung geprägt wurde, ist in aller Munde und betrifft nahezu alle Geschäftsbereiche. Wie im Gabler-Wirtschaftslexikon zu lesen ist, zeichnet sich die vierte industrielle Revolution durch Individualisierung und Hybridisierung der Produkte und die Integration von Kunden und Geschäftspartnern in die Geschäftsprozesse aus. Diese Definition beinhaltet die Kernthemen „Individualisierung von Produkten“ und die „Veränderung der Geschäftsprozesse“. Wie das genauer geschieht, ist auf der offiziellen Webseite der Bundesregierung, der „Plattform Industrie 4.0“, nachzulesen: „In der Industrie 4.0 verzahnt sich die Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik. Treibende Kraft dieser Entwicklung ist die rasant zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.“

Digitalisierung als treibende Kraft

Die Digitalisierung wird damit zur treibenden Kraft innerhalb der Gesellschaft erklärt. Viele Kunden kaufen inzwischen lieber online ein als nebenan im Fachgeschäft. Die wachsenden Ansprüche an Verfügbarkeit, Logistik, Qualität und nicht zuletzt eine geradezu extreme Preissensitivität können nicht spurlos am Produktionsumfeld vorübergehen. Folglich steht für die Autoren die Frage im Fokus, welche Anforderungen diese Megatrends an die Herstellung und den Betrieb von Produktionsausrüstungen mit sich bringen. Um auf diese Frage eine Antwort zu bekommen, lohnt es sich, in den Publikationen der „Plattform Industrie 4.0“ weiterzulesen: „Technische Grundlage hierfür sind intelligente, digital vernetzte Systeme, mit deren Hilfe eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion möglich wird: Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte kommunizieren und kooperieren in der Industrie 4.0 direkt miteinander. Produktions- und Logistikprozesse zwischen Unternehmen im selben Produktionsprozess werden intelligent miteinander verzahnt, um die Produktion noch effizienter und flexibler zu gestalten.“ Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte sollen miteinander kommunizieren können.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Tatsächlich ist die Idee so neu nicht und die Maschinen kommunizieren schon seit geraumer Zeit miteinander. Weil dies teilweise über unterschiedliche Programme, Schnittstellen und Kommunikationsstandards geschehen ist, soll der Trend zur Vernetzung auch zur Vereinheitlichung entsprechender Standards führen.
Auch die direkte Kommunikation von Maschinen und Produktionsanlagen im digitalen Produktionsumfeld spielt bei diesem Thema eine Rolle. Die Vernetzung von Produktions- und Leitebenen ist schon seit den frühen 1990er Jahren Stand der Technik. Schließlich dienen die Daten der Produktionsausrüstungen einer effektiven Produktionssteuerung und tragen somit nicht unwesentlich zur Senkung der Stückkosten bei.

Forderung: eine direkte Kommunikation der Menschen untereinander

Auch wenn neue Kommunikationssysteme der Bürowelt wie Ethernet und WLAN in der Werkhalle längst Einzug gehalten haben, so spielt sich intermaschinelle Kommunikation immer noch nach den gleichen Prinzipien ab wie zu deren Anfängen. Das liegt daran, dass noch heute viele Hersteller von Automatisierungstechnik eigene Vorstellungen von Datenkommunikation verfolgen. Und so bevölkern Datensammler, Bridges und sogenannte Interpreter die Werkhallen, deren Aufgabe nur darin besteht, die Daten so aufzubereiten, dass andere Maschinen bis hinauf zum Produktionsleitsystem sie verstehen können, was dies so für Ingenieurbüros und Softwaredienstleister lukrativ macht. Auch branchenspezifische Kommunikationsstandards wie etwa „PackML“ in der Verpackungs-, „IDF“ in der Druck- oder „Euromap“ in der Kunststoffbranche haben bisher hinsichtlich der Problematik nur mäßig Entlastung gebracht. Industrie 4.0 fordert aber, dass alle am Herstellungsprozess beteiligten Komponenten direkt miteinander kommunizieren. Gerade diese Anforderung ist für die Produktion individualisierter Produkte existenziell. Vorteil für die Produktion ausgehend von dem Prinzip Industrie 4.0 ist, dass Produkte somit in Losgröße 1 anstatt in Massen- und Serienfertigung hergestellt werden können. Dabei besteht die Herausforderung zum einen darin, dass das individualisierte Produkt qualitativ gleichwertig und nicht teurer ist als das vergleichbare Serienprodukt. Auf der „Plattform Industrie 4.0“ heißt es dazu im Folgenden: „Zum anderen können trotz individualisierter Produktion die Kosten der Produktion gesenkt werden. Durch die Vernetzung der Unternehmen der Wertschöpfungskette ist es möglich, nicht mehr nur einen Produktionsschritt, sondern die ganze Wertschöpfungskette zu optimieren. (…) Die Produktionsprozesse können unternehmensübergreifend so gesteuert werden, dass sie Ressourcen und Energie sparen.“

Vorläufige Schlussfolgerungen

Eine Schlussfolgerung innerhalb dieser Arbeit besteht darin, dass die Produktionskosten trotz Individualisierung nicht nur sinken können, sondern grundsätzlich sinken müssen. Eine Frage, die sich hinsichtlich dessen stellt, ist, wie das mittels modernster Automatisierungstechnik gelingen kann. Dabei wird im Buch nicht nur das individualisierte Endprodukt, sondern auch die individuelle Produktionsausrüstung betrachtet, denn beides beeinflusst die Gestaltung eines Automatisierungssystems auf unterschiedliche Art und Weise. Die sich daraus ergebenden Aspekte und Lösungsansätze bilden folgerichtig den Schwerpunkt dieses Buches. Mit „Automatisierung 4.0“ sollen sowohl dem erfahrenen als auch dem zukünftigen Ingenieur Anforderungen und Lösungswege für Automatisierungskonzepte aufgezeigt werden, die eine Produktionsanlage fit für die Zukunft und Industrie 4.0 machen.

Zur Wahrnehmung von Industrie 4.0

Auch hier verändern sich die Strukturen für alle Beteiligten am industriellen Prozess. Alte Grenzen werden überschritten. Neue Wertschöpfungsketten werden von den Firmen generiert. Geschäftspartner, Kunden und Zulieferer werden in den Fertigungsprozess integriert. Der Kunde soll seinen Auftrag jederzeit online kontrollieren und Bearbeitungswünsche anmelden können. Ziel ist es, dass der Lieferant in Echtzeit erfährt, wie viel Material noch im Lager ist, damit die Spedition den Abholtermin schon zusagen kann, wenn die Fertigung noch läuft. Produkte werden nicht mehr im Ganzen gekauft, sondern gemietet (zum Beispiel Cloud-Dienste von Softwareanbietern, also Software-as-a-service) oder sind bereits stark individualisiert. Ein normaler Serien-PKW kann schon heute dank ausgeklügelter Fertigungs- und Logistikprozesse in Millionen verschiedenen Ausstattungsvarianten gefertigt werden. Dazu kommen Dienstleistungen für die Vernetzung mit anderen Mobilitätsdiensten oder Leasingmodelle als integrale Bestandteile des Produktes. Im Fokus steht zukünftig der Kunde, der sich nicht mehr für ein Produkt entscheidet, sondern für ein Geschäftsmodell. Demzufolge werden Produktion und Dienstleistung gekoppelt. Die vierte industrielle Revolution führt insbesondere zur Individualisierung bzw. Hybridisierung der Produkte; das alles zu den Kosten bisheriger Massenfertigung. Das Fotobuch, das am heimischen PC selbst gestaltet werden kann, dient als Beispiel dafür, dass die Losgröße 1 schon in der realen Welt angekommen ist.

Von der Serienproduktion zur Einzelanfertigung

Ein Beispiel für das In-Mold-Labelling für die Herstellung von Kunststoffprodukten wie Joghurtbechern, Flaschen und vielem anderem mehr ist nur eine dieser Technologien. Bei diesem Verfahren wird ein bedrucktes Etikett aus Polypropylen in eine Form gelegt, in die anschließend plastifizierter Kunststoff gespritzt wird. Dort verschmilzt dieser mit dem Etikett und nimmt beim Abkühlen die Gestalt der Form an. Label und Verpackung bilden am Ende ein Ganzes mit einer Vielzahl an neuen Eigenschaften und Funktionalitäten. So sind diese In-Mould-Labels feuchtigkeits- und temperaturbeständig und damit auch für Tiefkühlprodukte geeignet und man kann sogar den Frischegrad messen. Dazu kommen verbesserte mechanische Eigenschaften wie Kratz-, Schrumpf- sowie Reißfestigkeit und vieles andere mehr. Dabei ist besonders der vorgelagerte Offsetdruck des Etiketts für das Label interessant. Mit ihm sind nicht nur hoch aufgelöste farbige Bilder möglich, die den Verpackungen ein völlig neuartiges Aussehen verleihen, sondern es lassen sich damit die Produkte und deren Verpackungen hervorragend individualisieren. So wird zum Beispiel die spezielle Müslimischung in einer Box mit der Aufschrift „Muttis Sonderedition zum 50. Geburtstag von Lisa und Tim“, ergänzt mit einem Foto der Spender, zum Renner auf dem Gabentisch. Das für eine Woche vorkonfektionierte Medikamentenset für Senioren, das seine Eigenschaft als individualisiertes Produkt als Alleinstellungsmerkmal definiert und als verkaufsfördernd gilt, enthält neben dem Namen in großen Lettern auch noch Hinweise zur Einnahme. Und wenn das ohne wesentliche Mehrkosten gelingt, sind echter Mehrwert und geschäftlicher Erfolg garantiert.

Eine Kostenfrage: Massenproduktion oder Einzelanfertigung

Eine moderne Werkzeugmaschine ist grundsätzlich für die Fertigung individualisierter Werkstücke prädestiniert. Entsprechend konstruiert und ausgestattet ist sie in der Lage, völlig selbständig ein Einzelstück zu bearbeiten. Alle notwendigen Informationen werden in einem CNC-Programm codiert, welches der Maschinenbediener direkt am Bedienpanel der Maschine editiert. Oder das Programm entsteht mit einem Mausklick direkt aus dem CAD-System des Konstrukteurs und wird per Netzwerk oder Speichermedium in die Maschine übertragen. Der Umrüstprozess beschränkt sich damit nur auf das Einspielen des Bearbeitungsprogramms und der Bestückung des Werkzeugspeichers, wobei letzteres häufig mithilfe von Robotern und anderen Zuführsystemen auch automatisiert erledigt wird. Gleiches gilt für die Technologie des Auftragsverfahrens, wie es in 3D-Druckern zur Anwendung kommt. Eine Kunststoffspritzgießmaschine kann mit einem einzigen Arbeitsgang mehrere Produkte wie zum Beispiel Zahnräder, Plastikboxen oder ganze Mülltonnen gleichzeitig fertigen. Ein kompletter Arbeitsgang mit dem, das Werkstoff zu verflüssigen (plastifizieren), in eine Form, das Spritzgießwerkzeug, einspritzen, abkühlen und entnehmen (mit einem Entnahmeroboter), dauert in der Regel nur Sekunden. Zeitlich ist die Maschine also dem 3 D-Drucker als Innovation überlegen.

Vergleich der Vorteile der beiden genannten Methoden

Der Schlüssel im Vergleich zwischen den beiden Maschinen und ihren Vorteilen liegt in der Fertigungsmethode. Ein Spritzgießwerkzeug ist ein sehr kostenintensives Bauteil. Es muss unter extremen Drücken (1000 bar sind keine Seltenheit) und hohen Temperaturen bis in den Mikrometerbereich formstabil bleiben. Die Oberflächen der Form sind hochglanzpoliert und diverse Einbauten gestatten Mehrfarbigkeit und sogar Gelenke in einem Arbeitsgang auszubilden. Das alles führt dazu, dass die Millionengrenze überschritten wird. Diese Investition rentiert sich nur durch die Umlage auf hohe Stückzahlen und um diese zu erreichen, wird die Taktzeit der Produktion in Zehntelsekunden geplant und fortlaufend durch ausgeklügelte Verfahrenstechnik optimiert. Unter diesen Bedingungen individuelle Einzelprodukte herzustellen, ist wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen, weswegen eben hier 3 D-Drucker ins Spiel kommen. Diese sind zwar in der Stückzeit gegenüber einer Kunststoffspritzgießmaschine ganz klar im Nachteil, dafür fertigen sie jedes einzelne Werkstück mit beliebigen Formen und Konturen nur durch Übergabe eines digitalen Bearbeitungsprogramms. Und das funktioniert nicht nur mit Kunststoff, sondern auch mit metallischen, mineralischen und sogar organischen Werkstoffen. Durch den Wegfall der Werkzeugumlage und mit deutlich vereinfachter (und damit preiswerterer) Maschinenkonstruktion liegen auch die Stückkosten trotz längerer Taktzeit in einem sehr akzeptablen Bereich. Daher sind 3 D-Drucker für die Fertigung von Prototypen nicht mehr wegzudenken, wenngleich sie für die Serienproduktion wohl noch längere Zeit keine Option darstellen. Andererseits erlaubt die Technologie des schichtweisen Auftragens („Additive Manufacturing“) die Fertigung von Werkstücken mit sehr komplexen Strukturen und Formen, die mit spanabhebenden Verfahren überhaupt nicht möglich sind. Das gelingt sogar bei hochbelasteten Werkstücken, wie es beispielsweise bei Schaufeln für Gasturbinen der Fall ist. Diese Bauteile werden mit dem sogenannten Laserauftragsschweißen gefertigt und halten Temperaturen von über 1250 Grad Celsius bei 13 000 Umdrehungen in der Minute aus. Das wurde möglich, weil mit dieser Technologie ein neues Schaufeldesign mit einer komplett verbesserten internen Kühlungsgeometrie realisierbar ist. Damit besetzen 3 D-Drucker bereits heute schon erste Nischen in der Serienproduktion. Die Beispiele verdeutlichen, dass individualisierte Produkte nicht zwingend mehr kosten müssen und auch die Stückzeit nicht größer sein muss als die der Massenprodukte – vorausgesetzt, man zieht die Bilanzgrenze um den gesamten Produktionsprozess. Sie machen aber auch deutlich, dass Losgröße 1 plus niedrigste Stückkosten plus kürzeste Stückzeiten zugleich nicht zu machen sind.

Trends und Anforderungen im Maschinen- und Anlagenbau

Die Arbeit von Entwicklern und Konstrukteuren wird seit jeher von Kundenwünschen bestimmt. Aus der Summe dieser Anforderungen lassen sich Trends ableiten, die sich nach und nach als Standards etablieren und sich zugleich immer weiterentwickeln. Viele der Anforderungen im digitalen Zeitalter sind nur noch mit den Technologien der Automatisierung und Informatik zu meistern.

Die daraus abgeleiteten Trends sind im Folgenden:

  • Endprodukte bestimmen die Richtung:

Die Anforderungen an die Endprodukte, das Textil, die Kontaktlinse, das Fotobuch, die Fertigpizza, den Kühlschrank bestimmen die dazu erforderlichen Technologien zu deren Produktion und treiben sie voran. Bei der Entwicklung einer Verarbeitungsmaschine bzw. Produktionsanlage steht daher die Sicht auf das Endprodukt an erster Stelle. Daraus folgt die Auswahl der Ausgangsmaterialien, der Hilfsstoffe sowie der Verfahren und Technologien, die sich in der Konstruktion wiederfinden müssen. Ergänzt wird das durch zahlreiche Randbedingungen, Gesetze und Vorschriften, die in der Regel den Konstruktionsaufwand vervielfachen. Beispiel dafür ist ein Atomkraftwerk. Der eigentliche Reaktorraum würde leicht in ein mittleres Mehrfamilienhaus passen. Die Aufwände für Kühlung, Brennstoffver- und -entsorgung, die Anforderungen an die Strahlensicherheit sowie die schlussendliche Erzeugung der Elektroenergie machen daraus eine Anlage in der Größe einer mittleren Kleinstadt. Ähnlich verhält es sich bei der Halbleiter-Produktion. Um einen Prozessor herzustellen, der am Ende in einer Smartwatch steckt, benötigt man Produktionslinien, die eine ganze Fabrikhalle mit Reinstraum-Atmosphäre füllen. Allein deren Aufbereitung und Versorgung verschlingt Millionen zuerst an Investitionen und später im laufenden Betrieb.

  • Der Engineering-Prozess verändert sich

Erst langsam setzte sich die Bereitschaft bei den Ingenieuren, vielfach Mechanik-Konstrukteure mit Mechanik-Studium durch, mechanische Kompetenz an Chips und Transistoren abzugeben. Erst zum Ende des 20. Jahrhunderts wurde nach und nach erkannt, dass neue Funktionen viel besser durch Software zu realisieren sind oder ein elektrischer Servoantrieb mit elektronischer Kurvenscheibe ohne Abstriche an dessen Zuverlässigkeit preiswerter und flexibler eingesetzt werden kann als ein kompliziertes asymmetrisches Getriebe in mechanischer Bauart. Der einsetzende Preisverfall für elektrische Antriebstechnik und immer leistungsfähigere Steuerungskomponenten haben in der Folge den mechanischen Anteil in der Konstruktion immer deutlicher reduziert und zu neuen, innovativen Maschinenkonstruktionen geführt. Infolgedessen verschieben sich die bei der Entwicklung einer Produktionsanlage erforderlichen Engineering-Anteile dramatisch.
Infolgedessen hat sich auch das wissenschaftliche Fach Mechatronik aus dieser Entwicklung heraus etabliert. Auch Mechatronik und mechatronische Komponenten werden immer mehr über Software definiert. In Zukunft ist Mechanik nur noch ein relativ kleiner Bestandteil einer Produktionsanlage. Künftig wird es irrelevant sein, ob in einem Maschinenbaubetrieb die Entwicklungsleitung bei einem Mechanikkonstrukteur, einem Automatisierungsingenieur oder einem Informatiker liegt, solange die ganzheitliche Sichtüber alle Domänen zum Grundsatz folgt. Es gelten die weiteren Maximen:

  • Effizienz entscheidet über Erfolg:

Wesentlich ist hier die Produktumstellung und Umrüstung. Steht an einer Verarbeitungsmaschine ein Produktwechsel an, müssen je nach Komplexität der Technologie mehr oder weniger Eingriffe erfolgen. Werkzeuge sind zu wechseln, Materialspeicher zu bestücken, Parameter müssen justiert werden und vieles andere mehr. Häufig werden dann Testläufe gefahren und nach Prüfung, Messung und Bewertung des Prototyps Veränderungen in den Einstellungen vorgenommen. Das kostet Zeit, Material und Personal und schmälert die Wirtschaftlichkeit. Dazu kommt, dass dieses Prozedere bei individualisierten Produkten in Losgröße 1 völlig am Ziel vorbeigeht. Es ist daher ein elementarer Wunsch aller Maschinenbetreiber, den Rüstaufwand möglichst zu eliminieren, und dazu leisten Automatisierung und Mechatronik einen entscheidenden Beitrag. So lassen sich beispielsweise Justierungen und Anschläge elektromotorisch verstellen, für Werkzeuge gibt es automatisierte Wechselsysteme und in einer im HMI integrierten Rezeptverwaltung liegen alle erforderlichen Daten. Der Bediener kann durch Auswahl des entsprechenden Rezepts den größten Teil der Umrüstung auf eine Geste am Touchscreen beschränken und bis zum Abschluss des automatisierten Ablaufs andere Arbeiten verrichten. Ein Download dieser Parameter von einem „Manufacturing Execution System (MES)“ direkt auf die Maschine kann die Umrüstung noch weiter unterstützen, was besonders bei Losgröße 1 notwendig ist.
Die Anzahl dieser Stellantriebe in einer Verarbeitungsmaschine kann sich jedoch schnell zu einem bedeutenden Kostenfaktor entwickeln. So sind in einer modernen Sammelheftmaschine zur Herstellung von drahtgehefteten Zeitschriften und Broschüren über einhundert Stellmotoren erforderlich. Mit der entsprechenden Ansteuerelektronik, Verkabelung und Mechanik erhöht sich die Anzahl der Bauteile und letztendlich auch der gesamte Engineering-Aufwand. Dieser Sachverhalt hat beträchtliche Auswirkungen auf die Preisgestaltung der Maschine. Folglich steht die Auswahl der entsprechenden Komponenten unter besonderem Kostendruck. Schließlich schlägt jeder Euro pro Stellantrieb in der erwähnten Sammelheftmaschine mit einem Faktor von über 100 zu Buche, ein Faktum, das in jeder Preisoptimierungsagenda ganz oben steht. Die Entwickler sind deshalb gut beraten, von Beginn an die Anforderungen des Produktes bzw. Prozesses mit den Möglichkeiten der zur Verfügung stehenden mechanischen und elektrischen Komponenten so genau wie möglich abzugleichen. Jede Stunde sorgfältige Recherche ist dabei gut investierte Zeit für überzeugende Argumente in den Budgetmeetings. Von der Perspektive Automatisierung 4.0 her betrachtet, ist die Umrüstung einer Maschine genauso automatisiert wie deren eigentliche Fertigungsfunktion. Hinsichtlich Wartung und Instandhaltung ist zu sagen, dass sogenannte intelligente Maschinen selbst ihre Instandhaltung beeinflussen und damit folglich Kosten eingespart werden können. Modulare Konzepte ermöglichen außerdem die Fertigung individualisierter Maschinen und Anlagen auf Knopfdruck.

Service schafft Vertrauen

Service und damit Dienst am Kunden wird gerade bei zunehmender Wichtigkeit von Software-Lösungen immer gefragter. Es wird aber zunehmend schwieriger für das Servicepersonal der Betreiber von Webseiten oder es wird ihm aus Gründen der Produkthaftung gar nicht erlaubt, die Software einer Produktionsanlage zu warten.
Das gilt im Übrigen für die gesamte Lieferantenkette, denn auch Hersteller von Maschinen und Komponenten setzen häufig hochkomplexe Produkte von weiteren Zulieferern ein, die sie selbst nicht instandhalten können oder dürfen. Entweder wird auch ihnen der Zugriff grundsätzlich verwehrt oder sie benötigen Zusatzwerkzeuge, spezielle Software und Schulungen oder sie scheitern schlicht an deren Komplexität. Im Ergebnis entsteht ein Geflecht von Systemen, Komponenten und deren Unterkomponenten, dem das Wartungspersonal mitunter hilflos ausgeliefert ist.

Zu stellende Fragen

Fragen stellen sich wie: „Was ist also zu tun, wenn schlussendlich dem Maschinenbetreiber, nicht zuletzt auch als Verkaufsargument, bester Service geboten werden soll? Wenn ein Maximum an Hightech-Funktionalität mit minimiertem Kostenaufwand kombiniert werden muss? Wenn eine kostenintensive Produktionsanlage möglichst 24 Stunden und 7 Tage pro Woche störungsfrei Geld verdienen soll? Wenn das Wartungspersonal nicht nur als Mittler zwischen viel zu vielen Interessengruppen agieren, sondern auch „Warten“ im Sinne von „Instandhalten“ soll?"
Hier ist wieder der Automatisierungstechniker gefragt, denn mit verantwortungsbewusstem Engineering, also tiefgreifender Analyse der Anforderungen, sorgfältiger Auswahl der Komponenten und nachhaltiger Softwareentwicklung, wird gegenüber Kunden und eigenem Management ganz selbstverständlich Vertrauen gebildet. Wichtiger werden außerdem Software-Wartung und speziell Fernwartung. Die Perspektive hinsichtlich Automatisierung 4.0 ist es, dass Maschinen über standardisierte Schnittstellen ein Objekt im „Industrial Internet of Things (IIOT)“ und damit weltweit zu erreichen sind.

Bedingungslose Qualität

Auch diese wird im gesamten Prozess immer wichtiger. Produktmängel sollen beseitigt bzw. verhindert werden. Qualitätssicherung wird damit immer wichtiger. Es geht beim Thema „Qualitätssicherung“ aber nicht einfach nur darum, ein Produkt fehlerfrei herzustellen. Vielmehr besteht ein existenzielles Interesse der Produzenten daran, die Fehlerfreiheit ihrer Produktion auch nachzuweisen. Dazu werden im Herstellungsprozess jede Menge Daten gesammelt und unter jeder einzelnen Produkt-ID in einer Datenbank gespeichert.

Fazit

Des Weiteren werden die Seriennummern jeder einzelnen Teilkomponente genauso hinterlegt wie die Namen der Mitarbeiter, die diese ausgelagert, transportiert und schließlich montiert haben. Dazu gehören auch alle Mess- und Prüfprotokolle und schließlich der aufsummierte Energieverbrauch aus jedem Prozessschritt. Fazit ist, dass Produktionssysteme durch umfangreiche Datenerfassung und Kommunikation Qualität und Wirtschaftlichkeit sichern.

Kommunikation ist fast alles

Kapitel 4 mit der Überschrift „Modulare Automatisierung in der Praxis“ behandelt das Thema anhand ausführlicher Beispiele sehr anschaulich. Die Frage, ob Kommunikation im Zeitalter des „Internet of Things“, der digitalen Produktion und der Individualisierung von Produktionsanlagen durch modulare Systeme, wirklich nur fast alles sei, kann mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Ganz abgesehen davon, dass modulare Automatisierung ohne Kommunikation überhaupt nicht mehr auskommt, so steht sie heute und zukünftig immer stärker im Fokus. Zukünftige technologische Entwicklungen werden sowohl die Möglichkeiten, aber schlussendlich auch die Anforderungen an eine moderne und vor allem geeignete industrielle Kommunikation bestimmen. Wie die Beispiele OPC UA TSN oder die Standardisierungsaktivitäten rund um Industrie 4.0 es zeigen, sind die Entwicklungen dazu in vollem Gang. Aktuelle und zukünftige Automatisierungslösungen müssen sich deshalb daran messen lassen, wie sie in der Lage sind, diese Entwicklungen mitzutragen bzw. durch intelligente Ansätze voranzutreiben. Hersteller, die meinen, ihre Marktstellung durch proprietäre Einzellösungen sichern zu können, müssen umdenken oder werden auf der Strecke bleiben. Allein aus diesem Grund sind Konstrukteure gut beraten, in aktuellen und zukünftigen Entwicklungen von Beginn an ausschließlich auf standardisierte und soweit als möglich offene Kommunikationsprotokolle und -lösungen zu setzen. Steuerungen, die auf- und abwärts-kompatibel sind, HMI-Systeme, die Web-basiert über OPC UA kommunizieren und systeminterne Feldbusse, die, sofern überhaupt erforderlich, zumindest in der Lage sind, diese Datenpakete in harter Echtzeit und gemeinsam mit sicherheitsrelevanten Informationen zu transportieren, sind dafür der richtige Ansatz im Sinne des Stichworts „Automatisierung 4.0“.

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