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Neuheiten : [ Leichtbau | (erneuerbare) Energie | Kosten/ Wirtschaftlichkeit ]

GIFpro – Grobvakuum-Isolierglas-Fertigbausystem: prototypische Umsetzung und Evaluierung eines Eindeckungssystems für Gewächshäuser


In dem Projekt werden vakuumgedämmte Gewächshaus-Fertigbauelemente mit Solarglas und einem Rahmen aus einem neuen, vakuumdichten Spezialbeton (ultrahochfester Beton) zur Praxisreife entwickelt, als Prototyp umgesetzt und wissenschaftlich evaluiert.

Konsortialführer:
Hochschule Geisenheim University, Dr. Johannes Max

Projektpartner:
Lück‘s Pflanzenwelt, Stefan Lück;
G.tecz Engineering, Dr.-Ing. Gregor Zimmermann;
TU Darmstadt: Institut für Statik und Konstruktion (ISM+D), Prof. Dr.-Ing. Jens Schneider und
Institut für Werkstoffe im Bauwesen (WiB), Prof. Dr.ir. Eduardus Koenders; Interfloat Corporation, Markus Träger

Kurzfassung:

Ein Schutzvakuum im Rahmen (patentiert), die Möglichkeit der Integration von Sonnenschutzelementen im Scheibenzwischenraum sowie eine optionale Heizung/Kühlung über die Glasflächen sind weitere Besonderheiten dieser modularen Bauweise. Die hohe Stabilität der Einzelelemente soll den weitgehenden Verzicht auf zusätzliche Unterkonstruktionen und somit niedrige Investitionskosten ermöglichen.
Im Vergleich zu Dreifach-Verglasung wird eine um den Faktor 3 verbesserte Wärmedämmung bei gleichzeitig höherem Lichtdurchlass erwartet. Nach ersten Einsätzen in Gewächshäusern sollen weitere Märkte erschlossen werden.

Gewächshäuser mit hoher Lichtdurchlässigkeit sind anderen Gebäudetypen bei der Wärmedämmleistung bisher deutlich unterlegen. Sowohl aus dem ZINEG-Projekt als auch aus „Kas als Energiebron“ sind Lösungen hervorgegangen, die gegenüber dem (oft veralteten) Gewächshausbestand signifikante Verbesserungen versprechen. Durch Doppelverglasung, Glas-Folienkombinationen oder mehrlagige Folieneindeckungen in Verbindung mit mehreren Energieschirmen können Gewächshausdächer theoretisch U-Werte von ca. 1,0 W(m² K)-1 erzielen. Dieser Wert wird bereits heute bei 3-fach verglasten Stehwänden von Gartencenterneubauten erzielt, geht dann allerdings mit einer geringen Lichtdurchlässigkeit einher.

Will man deutlich bessere Dämmeigenschaften bei hoher Lichtdurchlässigkeit erzielen, führt an Vakuum kein Weg vorbei. Mit Hochvakuum (0,001mbar und niedriger) genügt eine „Dämmstärke“ von weniger als 1mm, da keine Wärme mehr über die verbliebenen Gase transportiert werden kann. Bei Grobvakuum (ca. 1mbar bis ca. 10mbar) ist die Konvektion unterbunden, Wärme wird aber weiterhin über die verbliebenen Gase geleitet, deren Wärmeleitung der von Luft (0,026 W(m K)-1) entspricht. Je dicker die „Dämmschicht“ ist, umso besser wird der U-Wert einer Grobvakuumdämmung – bei Wärmedämmverglasungen mit z.B. Argon verschlechtert sich der U-Wert hingegen durch zunehmende Konvektion, wenn der Scheibenzwischenraum über 24mm Abstand hat.

Entscheidend für die dauerhafte Leistungsfähigkeit einer Vakuumdämmung ist die Abdichtung des Vakuums. Die GIF-Elemente haben eine doppelte Dichtung mit Schutzvakuum (1mbar bis 10mbar) im Rahmen. Bei einem Druckanstieg kann dieses über eine variabel oder fest angeschlossene Vakuumpumpe nachevakuiert werden. Diese Art der Abdichtung ist patentiert und ermöglicht den Einsatz von elastischen Dichtungen, die unterschiedliche Materialausdehnungen kompensieren können. Gasdichte Glaslot- oder Glas-Metall-Verbindungen sind dazu nicht bzw. nur eingeschränkt in der Lage und stellen die Schwachstelle bei Vakuumisolierglas dar.

Eine Herausforderung bei Vakuumisolierverglasung ist der atmosphärische Druck, der mit 10to/m² auf die Scheiben und den Rahmen einwirkt. Abstandhalter zwischen den Scheiben können bei einem schmalen Spalt (Hochvakuum) nahezu unsichtbar integriert werden, bei Grobvakuumdämmung gelingt das nicht. Da es bei Gewächshäusern – im Gegensatz zu Fenstern – lediglich auf den Lichtdurchlass und nicht auf die ungehinderte Durchsicht ankommt, kann die weniger aufwändige Grobvakuumdämmung eingesetzt werden.
Ein großer Scheibenzwischenraum bietet zusätzlich die Möglichkeit der Integration von beweglichen Sonnenschutzelementen, die wie eine Außenschattierung als Hitzeschutz wirken. Als Material hierfür ist preiswertes, verzinntes Blech („Dosenblech“) vorgesehen, das die optimalen optischen Eigenschaften hat und diese durch den „Vakuumschutz“ (Korrosion und Verschmutzung werden unterbunden) auch beibehält.

Der Rahmen der GIF-Elemente wird aus einem ultrahochfesten Beton (UHPC) gefertigt, der durch Zuschlagstoffe im Nanometerbereich keine Hohlräume aufweist. Die Vorteile der UHPC Rahmen liegen in den Möglichkeiten, die das Material bietet. Im Wesentlichen sind dies – im Vergleich zu Alu oder Stahl – niedrige Materialkosten, die Verarbeitung als fugenloser Verguss (keine Schweißnähte o.ä.), die nahezu beliebige Ausbildung der Querschnitte inkl. Einbringung von Vakuumkörpern, sowie die Undurchlässigkeit für Wasser und Gas. Die Gesamtbreite des doppelwandigen Rahmens mit Hohlraum wird ca. 6cm sein, die beiden Wände werden jeweils nur 0,8cm bis 1,2cm dick sein. Der Scheibenabstand der GIF-Elemente beträgt 30cm, Vorabberechnungen lassen einen U-Wert von 0,2 W(m² K)-1 erwarten.

Das GIF-Projekt wird sich nicht nur durch die überragende Wärmedämmfähigkeit von anderen Gewächshäusern unterscheiden, sondern auch durch die modulare, vorgefertigte Elementbauweise mit weiteren integrierten Funktionen. Neben dem Sonnenschutz werden in einem weiteren Schritt Wärmetauscherrohre integriert, mit denen die komplette Glasfläche thermisch aktiviert werden kann. Sowohl das Abtauen von Schnee, die Heizung des Innenraums als auch die Kühlung kann somit mit geringen Temperaturunterschieden über die Hüllfläche erfolgen. Die hohe Stabilität der Elemente macht einen weitgehenden Verzicht auf zusätzliche Unterkonstruktionen möglich und senkt die Investitionskosten. Die Module können abgebaut und an anderer Stelle wiederverwendet werden. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten besonders im Bereich der Projektfinanzierung.

Die Hochschule Geisenheim University wird neben den technischen Aspekten vor allem die Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum und neue Möglichkeiten in der Kulturführung untersuchen. Stefan Lück hat das Konzept für die neue Bauweise (vacustruct®) entwickelt und wird zusammen mit den Partnern an den Detaillösungen arbeiten. G.tecz als unabhängiges Forschungs- und Entwicklungsunternehmen für zementgebundene Werkstoffe entwickelt die geeignete Betonmischung und baut die Prototypen. Die TU Darmstadt wird sowohl Berechnungen und Tests bei Glas und Beton durchführen, als auch für Statik, Design und bauphysikalische Aspekte zuständig sein. Die Interfloat Corporation, die ausschließlich Solarglas herstellt, wird ihr Wissen über Beschichtungen (z.B. Anti-Reflex) für u.a. den Gewächshausbereich einbringen und das Glas liefern.

Die Kombination von Beton und Glas mit Vakuum ist komplett neu und erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, weil sich bisher ungekannte Fragestellungen ergeben (z.B.: kriecht Beton, wenn er dauerhaft einem Druckunterschied von 1bar ausgesetzt ist). Das Konsortium mit seinen unterschiedlichen Kompetenzen und Betätigungsfeldern wäre ohne ein gefördertes Forschungsvorhaben so wohl nicht zusammen gekommen. Das Thema Gewächshaus eignet sich nach Ansicht aller Beteiligten sehr gut für die neue Technologie, da hier bauaufsichtliche Vorschriften nicht in dem Maße innovationshemmend wirken, wie in anderen Bereichen des Bauwesens.

Dieses Projekt (HA-Projekt-Nr.: 493/16-05) wird im Rahmen von Hessen ModellProjekte aus Mitteln der LOEWE – Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, Förderlinie 3: KMU-Verbundvorhaben gefördert.


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