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Einfluss dauerhafter Kennzeichnungsmethoden auf das Ermüdungsverhalten von Baustählen


Dominik Jungbluth: Einfluss dauerhafter Kennzeichnungsmethoden auf das Ermüdungsverhalten von Baustählen, Shaker Verlag, Aachen 2018

Das Anliegen der vorliegenden Arbeit besteht darin, klar zu machen, dass Stahlbauteile während aller Fertigungsabschnitte identifizierbar und rückverfolgbar sein müssen. Die Wahl der Kennzeichnungsmethode ist in einschlägigen Normen nicht zwingend vorgeschrieben. In der für die Fertigung von Stahltragwerken anzuwendenden DIN EN 1090-2 ist geregelt, dass die Aufbringung von dauerhaften Kennzeichnungen nicht zu Beschädigungen des Bauteils führen darf. Weiterhin sind harte Kennzeichnungsmethoden wie Hartprägungen, gebohrte oder gestanzte Markierungen nur zulässig für Stahlsorten des Festigkeitsbereiches bis einschließlich S355 und nur in festgelegten Bereichen, in denen die Markierung keinen Einfuss auf das Ermüdungsverhalten hat. Eine Forderung nach dauerhaften Kennzeichnungsmethoden impliziert die Widerstandsfähigkeit der Markierungen gegenüber nachgeschalteten Fertigungsprozessen wie Strahlen, Beschichten oder Feuerverzinken sowie gegenüber Witterungseinflüssen. Für eine dauerhafte Kennzeichnung eignen sich insbesondere Methoden wie Hartes Stempeln, Fräsen, Plasmamarkieren oder Nadeln.

Ziel der vorliegenden Arbeit

Hersteller von Maschinen haben in den letzten Jahren ihre Produkte derart weiterentwickelt,dass die genannten Markiermethoden in Fertigungsstraßen eingebunden werden können. Manuelle Bearbeitungs- oder Markierprozesse wie das Anreißen von Bauteilen oder das Aufbringen von Kennzeichnungen können somit durch vollautomatische Prozesse ersetzt werden. Nichtsdestotrotz bewirken dauerhafte Kennzeichnungsmethoden eine Oberflächenveränderung und hinterlassen eine Kerbe, welche einen Einfluss auf das Ermüdungsverhalten haben kann. Dieser Einfluss wurde bisher nicht im Detail untersucht, weshalb eine Einordnung der Markierkerben in den Europäischen Kerbfallkatalog nach DIN EN 1993-1-9 prinzipiell nicht möglich ist. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, eine Einschätzung des Einflusses praxisüblicher dauerhafter Kennzeichnungsmethoden auf das Ermüdungsverhalten von Baustählen zu erlangen, mit deren Hilfe sich die Schwere der ermüdungswirksamen Schädigung der Kennzeichnungsmethoden abbilden lässt. Hierzu werden die durch die untersuchten Kennzeichnungsmethoden installierten Oberflächenkerben charakterisiert und spezifische Eigenschaften herausgearbeitet. Darüber hinaus werden Ermüdungsversuche an Prüfkörpern vorgestellt und interpretiert. Die durchgeführten experimentiellen Untersuchungen umfassen Versuchsserien mit Prüfkörpern aus der im Brückenbau üblichen Stahlsorte S355J2 sowie der Stahlsorte S460N zur Abdeckung eines höheren Festigkeitsbereiches. Zur Überprüfung eines möglichen Blechdickeneffektes wurden drei verschiedene Blechdicken 15, 25 und 40 Millimeter untersucht.

Eine Einordnung in den entsprechenden Kerbfallkatalog ist notwendig

Auf Basis der experimentiellen Untersuchungen zur Bestimmung der geometrischen Eigenschaften der Kerben werden die vorgestellten Kennzeichnungsmethoden anhand von Finite Elemente-Simulationen eingeordnet und bewertet. Mithilfe aller erarbeiteten Versuchsdaten werden Empfehlungen zur Einarbeitung der Ergebnisse in die Normung vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen erwartungsgemäß, dass das Ermüdungsverhalten durch aufgebrachte Kennzeichnungen negativ beeinflusst wird. Die Abnahme der Ermüdungsfestigkeit lässt sich für die meisten Kennzeichnungsmethoden auf den geometrischen Kerbeffekt infolge der Kennzeichnungen zurückführen. Demzufolge nimmt der Einfluss der Kennzeichnung auf das Ermüdungsverhalten mit zunehmender Kerbtiefe und -schärfe zu. Dennoch lassen sich infolge der Kennzeichnungen vergleichbar hohe Ermüdungsfestigkeiten erzielen, welche eine günstige Kerbfalleinordnung im oberen Bereich des Europäischen Kerbfallkatalogs zur Folge haben.

Problemstellung

Im gegenwärtigen Stahlbau gewinnen effektive und effiziente Kennzeichnungsmethoden immer mehr an Bedeutung. Besonders bei komplexen Stahlkonstruktionen ist ein effektives Kennzeichnungssystem unabdingbar. In der Fertigung von Stahltragwerken ist eine lückenlose Rückverfolgbarkeit von Bauteilen nicht nur vorteilhaft, sondern auch normativ gefordert. Die für die Ausführung von Stahltragwerken gültige Norm DIN EN 1090-2 [1] fordert für Bauwerke der Ausführungsklassen EXC3 und EXC4 explizit die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Bauteilen von der Lieferung bis zum Einbau. Die auf dem Markt üblichen Markierungen reichen von Kennzeichnungen mittels Farb- oder Ätzstiften über angeklebte oder angehängte Schilder bis hin zu oberflächenverändernden Methoden wie Fräsen oder Plasmamarkieren.

Kennzeichnungen, welche eine eindeutige Identifizierbarkeit von Bauteilen gewährleisten, sollten resistent gegenüber nach dem Markieren nachgeschalteter Fertigungsprozesse wie Strahlen, Verzinken oder Lackieren sein. Hierbei stoßen Farb- und Schildmarkierungen schnell an ihre Grenzen. Für eine dauerhafte und widerstandsfähige Kennzeichnung sind daher oberflächenverändernde Markiermethoden zu empfehlen. Hierbei kommen in der Baupraxis im Wesentlichen die Kennzeichnungsmethoden Hartes Stempeln, Fräsen, Plasmamarkieren und Nadeln zum Einsatz. Neben der Resistenz gegenüber des nachgeschalteten Fertigungsprozesses bieten diese Methoden den Vorteil, dass sie sich teilweise vollautomatisch in Produktions- und Fertigungsstraßen einbinden lassen. Seitens der Maschinenhersteller wurden bereits diverse Kennzeichnungstools entwickelt und auf den Markt gebracht, die diese Anforderung erfüllen. So werden häufig Fräs- und Plasmamarkierungen vollautomatisch auf Basis von CNC-Daten auf Werkstücke aufgebracht. Des Weiteren existieren für Stempel- und Nadelmarkierungen neben stationären auch mobile Geräte, welche praktisch überall eingesetzt werden können. Mit verbindlicher Einführung der DIN EN 1090-2 (1) wurden bezüglich der Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von Stahlbauteilen neue Regelungen wirksam, welche im Gegensatz zu der bis dahin gültigen DIN 18800-7 (2) deutlich verschärfte Anforderungen an die Fertigung und Planung von Bauteilen stellen.

Dauerhafte Kennzeichnungsmethoden sind möglich

Gemäß DIN EN 1090-2 sind dauerhafte Kennzeichnungsmethoden nur für Stahlsorten der Festigkeitsklassen bis einschließlich S355 und nur in festgelegten Bereichen zugelassen, in denen kein Einfluss auf das Ermüdungsverhalten zu erwarten ist. Ferner dürfen dauerhafte, also oberflächenverändernde, Kennzeichnungsmethoden nur eingesetzt werden, sofern sie bei der Aufbringung keine Schädigung am Bauteil bewirken. Eine eindeutige Definition, was genau unter Beschädigungen zu verstehen ist, wird nicht gegeben. Als Problem in der Praxis stellt sich hier besonders die Tatsache heraus, dass sich natürlich bei jeder eingebrachten Kerbe eine mehr oder weniger schwere Schädigung der Oberfläche einstellt, welche nach aktuell gültiger Normungslage nicht zulässig ist. Weiterhin entwickelt sich aus dieser strengen Vorgabe die Frage, wie mit Ungänzen in Bauteilen umgegangen werden muss, welche nicht planmäßig, sondern unplanmäßig während der Fertigung eingebracht werden. Bei der Verarbeitung von Stahlblechtafeln und Profilen kommt es häufig zu solchen Kerben, wenn Bauteile beim Verladen oder Transportieren übereinander schleifen oder mittels Greifarmen verladen werden. Die daraus resultierenden Kerben sind zwar in der Regel weniger tief als planmäßige Kennzeichnungen, können aber dennoch eine hohe Kerbschärfe aufweisen. Hier ergibt sich in der Regel und Praxis zwangsläufig ein erheblicher Mehraufwand, da solche Fehlstellen bei der Fertigung derzeit in der Regel ausgeschliffen werden.

Inwieweit die infolge der Kennzeichnungsmethoden hervorgerufenen Kerben einen Einfluss auf das Ermüdungsverhalten von Stahlbauteilen haben, wurde bisher nicht hinreichend untersucht, weshalb sich die Frage stellt, inwieweit die Ermüdungsfestigkeit infolge dieser Kennzeichnungen herabgesetzt wird und ob Erkenntnisse gewonnen werden können, welche eine Entschärfung der aktuellen Regelungen zulassen.

Zielsetzung

Im Rahmen dieser Arbeit wird der Einfluss infolge verschiedener Markierverfahren eingebrachter Kerben auf die Lebensdauer von Stahlbauteilen gezielt ermittelt. Neben der global betrachteten Schädigung geht es hierbei insbesondere um die Frage, welche Faktoren die Ermüdungsfestigkeit am stärksten beeinflussen. Die Beantwortung dieser Frage soll langfristig Vorschläge zur Überarbeitung der DIN EN 1090-2 (1) sowie der DIN EN 1993-1-9 (3) geben. Denkbare Einflussparameter sind neben den unterschiedlichen Geometrien mit abweichenden Kerbschärfen und Kerbtiefen auch Einflüsse infolge unterschiedlicher Stahlsorten und Blechdicken. In der vorliegenden Arbeit wird daher der Einfluss der vier in der Praxis üblichen Kennzeichnungsverfahren Hartes Stempeln, Fräsen, Plasmamarkierungen und Nadeln auf die Ermüdungsfestigkeit markierter Stahlbauteile quantitativ ermittelt werden. Primär wird die Ermüdungsfestigkeit mithilfe von Ermüdungsversuchen an markierten Prüfkörpern identifiziert. Abgrenzend zu bereits durchgeführten Untersuchungen werden Blechdicken größer 15 Millimeter, wie sie im Stahlbau sind, sowie die Stahlsorten S355J2 und S460N untersucht. Die Auswertung der Versuche soll insbesondere Erkenntnisse darüber liefern, inwieweit die vorhandenen Blechdicken und/oder die erzielten Markiertiefen das Ermüdungsverhalten beeinflussen.

Die experimentellen Untersuchungen und Auswertungen sind am Institut für Metall- und Leichtbau (IML) der Universität Duisburg-Essen im Rahmen des Forschungsvorhabens "Ermüdungsfestigkeit markierter Stahlbauteile" als IGF-Vorhaben 17218 N des Deutschen Ausschusses für Stahlbau e.V. (DASt), gefördert durch die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke e.V." (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der -Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, durchgeführt worden. Ergänzend zu den durchgeführten Ermüdungsversuchen sollen die Effekte weiterer Parameter auf Basis numerischer Untersuchungen ermittelt werden. Hierzu werden entsprechende Simulationen anhand eines parametrisierten FE-Modells durchgeführt und erörtert. Mithilfe der finiten Elemente soll insbesondere überprüft werden, ob sich bereits bekannte Parameter wie Kerbspannungsfaktoren oder Kerbwirkungszahlen für die Beurteilung einer Kerbe infolge dauerhafter Kennzeichnungen eignen. Basierend auf den experimentiellen und numerischen Untersuchungen sollen Empfehlungen zur Handhabung der Markiermethoden Fräsen, Hartes Stempeln, Nadeln und Plasmamarkierungen ausgearbeitet werden, die kurzfristig in die Kommentare zu den Ausführungsnormen eingebunden werden können und langfristig in die Überarbeitung der DIN EN 1090-2 und DIN EN 1993-1-9 einfließen sollen.

Zusammenfassender Überblick

Kapitel 2 liefert zunächst einen Einstieg in die Thematik der Ermüdung gekennzeichneter Bauteile. Dargestellt wird der Stand der Technik zur Thematik der derzeit gängigen temporären und dauerhaften Kennzeichnungsmethoden im Stahlbau, der Ermüdungsfestigkeit insbesondere gekennzeichneter metallischer Bauteile, der aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen zur Thematik gekennzeichneter Bauteile sowie der aktuelle Stand der europäischen und nationalen Normung. Darüber hinaus wird in Kapitel 3 der Einfluss der dauerhaften Kennzeichnungsmethoden Hartes Stempeln, Fräsen, Plasmamarkieren und Nadeln auf die Ermüdungsfestigkeit gekennzeichneter Prüfkörper mithilfe von Ermüdungsversuchen untersucht, die zu einem Großteil im Rahmen des Forschungsvorhabens "Ermüdungsfestigkeit markierter Stahlbauteile" am Institut für Metall- und Leichtbau der Universität Duisburg-Essen durchgeführt wurden. Gegenstand der Untersuchungen sind die vier erwähnten Kennzeichnungsmethoden, welche auf Prüfkörper der zwei Stahlsorten S355J2 und S460N mit Blechdicken von 15 Millimetern, 25 Millimetern und 40 Millimetern aufgebracht wurden. Die Bewertung der Versuche wird im Anschluss auf Basis aller vorhandenen Versuchsdaten aus der Ermittlung der Kennzeichnungsgeometrien sowie der Ermüdungsfestigkeiten durchgeführt. Die Bestimmung und Klassifizierung der geometrischen Parameter untersuchter dauerhafter Kennzeichnungsmethoden wird in Kapitel 4 erläutert. Die geometrischen Parameter geben Aufschluss über mögliche Einflüsse auf das Ermüdungsverhalten. Die zerstörungsfreien Messungen wurden mittels fokusvariierender Mikroskopie durchgeführt und anhand unabhängiger Referenzmessungen validiert.

Auf Basis der durchgeführten experimentellen Untersuchungen werden in Kapitel 5 die Untersuchungen auf numerischer Basis auf nicht experimentell untersuchte Parameter erweitert. Insbesondere wird überprüft, inwiefern sich linear-elastische Berechnungen zur Einschätzung der ermüdungswirksamen Schädigung durch die Oberflächenkerben eignen. Die Berechnungen werden anhand von Simulationen mit real-plastischem Materialgesetz eingeordnet. Empfehlungen zur Weiterentwicklung der EN 1090-2 erfolgen auf Basis der experimentellen und numerischen Untersuchungen in Kapitel 6. Für EN 1090-2 ist eine Definition und klare Abgrenzung der Begriffe "Hartprägung" und "Weichprägung" ebenso von Interesse wie die Erweiterung erlaubter Grenzen dauerhafter Kennzeichnungen. Darüber hinaus wird ein erster Vorschlag zur Einteilung der Kennzeichnungsmethoden in Kerbfallklassen nach DIN EN 1993-1-9 präsentiert. Abschließend erfolgt in Kapitel 7 eine Zusammenfassung der durchgeführten Untersuchungen, der resultierenden Schlussfolgerungen sowie ein Überblick über zukünftig zu klärende Fragestellungen.

Zusammenfassung und Ausblick

Im gegenwärtigen Stahlbau gewinnen effektive und effiziente Kennzeichnungsmethoden immer mehr an Bedeutung. Die Kennzeichnung von Bauteilen dient der Qualitätskontrolle und der eindeutigen Identifizierbarkeit. In der Fertigung und Produktion von Stahltragwerken ist eine Rückverfolgbarkeit von Bauteilen von der Herstellung bis zum Einbau und darüber hinaus nicht nur vorteilhaft, sondern normativ gefordert. De für die Ausführung von Stahltragwerken anzuwendende Norm DIN EN 1090-2 fordert für Bauwerke der Ausführungsklasse EXC3 und EXC4 explizit die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Bauteilen von der Lieferung bis zum Einbau, ohne dass die Aufbringung von dauerhaften Kennzeichnungen zu Beschädigungen des Bauteils führt. Harte Kennzeichnungsmethoden wie Hartprägungen, gebohrte oder gestanzte Markierungen sind nur zulässig für Stahlsorten des Festigkeitsbereiches bis einschließlich S355 und nur in festgelegten Bereichen, in denen die Markierung keinen Einfluss auf das Ermüdungsverhalten hat. Der Deutsche Bahn Standard (DBS) 918 002-02 fordert zugleich eine Kennzeichnung von Form- und Stabstahl mit einem Gewicht von mehr als 15 Kilogramm/Meter mittels Schlagstempelung oder weiterer harter Kennzeichnungsmethoden, so dass derzeit unterschiedliche Forderungen zur Art der Markierung von Bauteilen existieren.

Eine Forderung nach dauerhaften Kennzeichnungsmethoden impliziert die Widerstandsfähigkeit der Markierungen gegenüber nachgeschalteten Fertigungsprozessen wie Strahlen, Beschichten oder Feuerverzinken sowie vor Witterungseinflüssen. Für eine dauerhafte Kennzeichnung eignen sich insbesondere Methoden wie Hartes Stempeln oder Fräsen, Plasmamarkieren oder Nadeln. Diese Kennzeichnungssysteme erzeugen jedoch alle eine Oberflächenveränderung und hinterlassen eine Kerbe, welche einen Einfluss auf das Ermüdungsverhalten haben kann. Dieser Einfluss wurde bisher nicht im Detail untersucht, weshalb eine Einordnung der Markierkerben in den Europäischen Kerbfallkatalog nach DIN EN 1993-1-9 prinzipiell nicht möglich ist.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde also der Einfluss dieser Kennzeichnungsmethoden auf Baustähle ermittelt. Mithilfe der durchgeführten Untersuchungen sollte ein Einblick in das Ermüdungsverhalten von mittels dauerhafter Kennzeichnungsmethoden behandelter Baustähle gewonnen werden. Zusätzlich war es das Ziel, auf Basis der Ergebnisse Empfehlungen zur Überarbeitung der Normen DIN EN 1090-2 und DIN EN 1993-1-9 zu erarbeiten. Zunächst wurde der Stand der Technik zu temporären und dauerhaften Kennzeichnungsmethoden präsentiert. Die vier untersuchten Kennzeichnungsmethoden basieren auf unterschiedlichen Technologien, weshalb prozessbedingt deutliche Unterschiede zwischen den Kennzeichnungsmethoden festzustellen sind. Die Eigenschaften und Einflussparameter dieser Methoden wurden herausgearbeitet und kommentiert. Darüber hinaus wurde der Stand der Wissenschaft und Normung zur Ermüdungsfestigkeit von gekennzeichneten Bauteilen erörtert. In den aktuellen Normen existieren zum einen Restriktionen hinsichtlich der Nutzung von dauerhaften Kennzeichnungen, zum anderen teilweise aber auch widersprüchliche Anforderungen zur eindeutigen Identifizierbarkeit. Zudem sind die Normentexte teilweise unklar definiert, was zusätzliche Fragen in der Anwendung aufwirft. Insbesondere die Information, welche Kennzeichnungsmethoden als "hart" und welche als "weich" einzustufen sind, bleibt DIN EN 1090-2 schuldig. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Ermüdungsverhalten dauerhaft gekennzeichneter Baustähle im Speziellen konnten mit einer Ausnahme nicht eruiert werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zu plasmamarkierten Bauteilen wurden erläutert und kommentiert. Auf Basis des dargelegten Standes der Technik und Wissenschaft konnte gefolgert werden, dass der Einfluss der dauerhaften Kennzeichnungen auf die Ermüdungsfestigkeit von Baustählen eine dringend zu klärende Frage darstellt.

Experimentelle und numerische Untersuchungen

Zur experimentellen Ermittlung der Ermüdungsfestigkeit von dauerhaft markierten Baustählen wurden Ermüdungsversuche an mittels der vier Kennzeichnungsmethoden Hartes Stempeln, Fräsen, Plasmamarkieren und Nadeln behandelten Prüfkörpern durchgeführt. Als Werkstoffe kamen je Markiermethode die im Brückenbau übliche Stahlsorte S355J2 sowie die Stahlsorte S460N zur Abdeckung eines über des in DIN EN 1090-2 zulässigen Festigkeitsbereichs zum Einsatz. Zur Untersuchung eines möglichen Blechdickeneffekts wurden je Markiermethode und Stahlsorte Prüfkörper der Blechdicken 15, 25 und 40 Millimeter untersucht. Ein Großteil der Untersuchungen wurde im Rahmen des IGF-Forschungsvorhabens "Ermüdungsfestigkeit markierter Stahlbauteile" durchgeführt. Zusätzlich wurden die im Rahmen von Voruntersuchungen zu diesem Forschungsvorhaben durchgeführten experimentellen Untersuchungen vorgestellt und soweit möglich zusammen mit den Ergebnissen der Hauptuntersuchungen im Rahmen des Forschungsvorhabens betrachtet.

Die durchgeführten Untersuchungen zeigen nahezu keinen Einfluss der Nadelmarkierungen auf das Ermüdungsverhalten. Die getesteten Versuchskörper versagten lediglich in zwei Fällen mit einem Rissausgang von der Nadelmarkierung unter vergleichsweise hohen Ermüdungsbeanspruchungen. Alle weiteren Versuchskörper versagten entweder mit einem Rissausgang im Grundmaterial, welcher nicht von der Markierung ausging oder erreichten fünf Millionen Lastwechsel ohne sichtbaren Riss. Die Kennzeichnungsmethoden Hartes Stempeln, Fräsen und Plasmamarkieren zeigen hingegen einen deutlichen Einfluss auf das Ermüdungsverhalten. In der Regel gingen die erzielten Ermüdungsbrüche von der erstellten Markierung aus. Lediglich bei Plasmamarkierungen konnten zum einen größere Streuungen der Versuchsergebnisse und zum anderen eine erhöhte Anzahl an Durchläufern festgestellt werden. Innerhalb der Versuchsserien einer Markiermethode lässt sich für die Versuche kein negativer Blechdickeneffekt feststellen. Tendenziell steigt die Ermüdungsfestigkeit für die untersuchten Prüfkörper mit zunehmender Blechdicke an. Mithilfe numerischer Untersuchungen konnte bestätigt werden, dass es sich bei den eingebrachten Kerben für die untersuchten Blechdicken um lediglich lokale Störungen handelt und daher kein negativer geometrischer Blechdickeneffekt zu erwarten ist. Statistische oder technologische Blechdickeneffekte sind damit nicht ausgeschlossen, konnten aber im Rahmen dieser Untersuchungen nicht festgestellt werden.

Charakteristische Merkmale stellen sich heraus

Zur Einordnung der Ergebnisse aus den Ermüdungsversuchen wurden an den gekennzeichneten Versuchskörpern Messungen mittels fokusvariierender Mikroskopie durchgeführt. Damit ist es möglich, zerstörungsfrei dreidimensionale Modelle der durch die dauerhaften Kennzeichnungsmethoden eingebrachten Kerben zu erstellen. Die Auswertungen der so erstellten 3D-Modelle haben ergeben, dass jede der vier Kennzeichnungsmethoden eine unterschiedliche Kerbgeometrie erzeugt. Charakteristische Merkmale der Markierkerben durch Hartes Stempeln sind besonders scharfe Kanten bzw. Übergänge zwischen dem Grundmaterial und der Kerbe, mit vergleichsweise glattwandigen Wangenflächen. In der Regel zeichnen sich Harte Stempelungen durch spitz zulaufende Markierkerben mit kleinen Radien im Kerbgrund aus. Die Oberfläche der Kennzeichnung entspricht dabei im Wesentlichen dem Negativ des eingesetzten Stempels. Fräsmarkierungen zeichnen sich dagegen durch vergeichsweise raue Oberflächen aus. Die generelle Form der Markierung ist abhängig von der Geometrie des eingesetzten Fräswerkzeuges. Die gefrästen Kerben sind zum einen somit stark abhängig von der Geometrie, zum anderen aber auch von der Schärfe des eingesetzten Werkzeuges. Mithilfe der erstellten Modelle konnte gezeigt werden, dass infolge des Fräsvorganges darüber hinaus durch Verformung und Verteilung des Materials vergleichsweise scharfe Mikrokerben und Grate entstehen, welche für eine erhöhte Spannungskonzentration verantwortlich sein können. Obwohl die jeweiligen Kennzeichnungen für alle Versuchskörper mit gleichen Parametern hergestellt werden sollten, musste für die gefrästen Markierungen hiervon abgewichen werden. Daher haben die Untersuchungen unterschiedliche Markiertiefen für Fräsmarkierungen der Versuchskörper aus S355J2 und S460N ergeben.

Eine fast perfekte Form ergibt sich

Anhand der Untersuchungen zu Plasmamarkierungen konnte festgestellt und bestätigt werden, dass sich die Kennzeichnungen in Ansatz-, End- und Umkehrpunkten des Plasmamarkierbrenners grundlegend vom restlichen Bereich der Markierung unterscheiden, da in diesen Bereichen die geringfügig längere Verweildauer des Brenners dafür sorgt, dass mehr Material aufgeschmolzen wird und die Markierung somit eine tiefere Kerbe im Material hervorruft.Diese Punkte haben sich ebenfalls alsermüdungswirksam herausgestellt. Plasmamarkierungen weisen im Allgemeinen eine halbelliptische Form auf. Die Wangenflächen sind vergleichsweise glatt. Bei höheren Stromstärken oder kleineren Markiergeschwindigkeiten werden die Flanken der Markierung deutlich steiler, im Kerbgrund bleibt allerdings ein großer Radius. Infolge des Prozesses des Plasmamarkierens härte allerdings die oberflächennahe Schicht des Materials auf, was zu einem weniger duktilen Verhalten und somit zu einer Herabsetzung der Ermüdigungsfestigkeit führen kann. Nadelmarkierungen produzieren im Allgemeinen ein halbrunde, punktförmige Kerbe. Die Markierungen entsprechen hierbei dem Negativ der eingesetzten Nadel. Die untersuchten Nadelmarkierungen weisen trotz einer nicht speziell abgerundeten Nadelspitze eine fast perfekte runde Form auf. Der Radius im Kerbgrund ist als vergleichsweise groß zu werten.

Im Rahmen der numerischen Untersuchungen wurden zunächst aus den dreidimensionalen Modellen charakteristische geometrische Eigenschaften erarbeitet, welche dann in ein parametrisiertes Modell mit idealisierten Kerben eingearbeitet wurden. Als zur Beschreibung der Geometrie benötigte Parameter konnten die Kerbtiefe tk, der Kerbradius rk sowie der Öffnungswinkel Alpha k bestimmt werden. Auf Basis dieser Daten wurden Kerbspannungsfaktoren zur Ermittlung der Spannungskonzentration im unmittelbaren Bereich der Kerbe bestimmt. Kerbspannungsfaktoren berücksichtigen auf Basis linear-elastischer Betrachtungen die Erhöhung der Spannung infolge einer Kerbe im Vergleich zur Nennspannung. Anhand der ermittelten Kerbspannungsfaktoren konnte gezeigt werden, dass auf Basis der Berechnungen zugrunde gelegten Randbedingungen sowohl der Öffnungswinkel der Kerbe, als auch die Dicke des betrachteten Blechstreifens eine untergeordnete Rolle für die Höhe des Kerbspannungsfaktors spielt. Als maßgebende Parameter der Spannungskonzentration konnten die Kerbtiefe tk sowie der Kerbradius rk bestätigt werden. Besonders für große Kerbtiefen und kleine Kerbradien zeigen sich erwartungsgemäß hohe Spannungskonzentrationsfaktoren. Anhand von Berechnungen mit real-plastischem Materialgesetz konnte allerdings auch bestätigt werden, dass Spannungskonzentrationsfaktoren die ermüdungswirksame Schädigung durch die Oberflächenkerben teilweise deutlich überschätzen.

Die Kerbwirkungszahlen werden bestimmt

Dies liegt insbesondere daran, dass sich die lokalen Spannungsspitzen durch die Duktilität des Baustahls umlagern können und so nicht in voller Höhe wirksam werden. Besonders für kleine Radien und große Kerbtiefen ergeben sich infolge einer linear-elastischen Betrachtung erheblich zu große Spannungen, so dass die Kerbspannungsfaktoren allein zur Einschätzung der Ermüdungsfestigkeit nicht zielführend sind. Aufgrund dieses bekannten Verhaltens wurden Kerbwirkungszahlen bestimmt, welche dem Umstand der Mikrostützwirkung insofern Rechnung tragen, als dass anhand des Spannungsgradienten im Bereich des Kerbgrundes Stützziffern zur Abminderung der Kerbspannungsfaktoren bestimmt werden. Für runde Kerben können die bezogenen Spannungsgefälle über den Kerbradius bestimmt werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Spannungsgefälle mithilfe des FE-Modells für jede ermittelte Kerbwirkungszahl für die geometrischen Parameter bestimmt. Die so ermittelten Kerbwirkungszahlen überschätzen zwar für kleine Kerbradien und große Kerbtiefen immer noch die real-plastischen Spannungen, allerdings konnte eine hinreichende Korrelation festgestellt werden.

Empfehlungen zur Überarbeitung der Normen

Auf Basis aller vorhandenen Versuchsdaten konnten Empfehlungen für die Überarbeitung der Normen erarbeitet und präsentiert werden. Vorschläge zur Lockerung von Restriktionen der DIN EN 1090-2 wurden erarbeitet und dargelegt. Zudem wurden Vorschläge zur Einteilung der untersuchten Kennzeichnungsmethoden in "hart" und "weich" erläutert. Demnach lassen sich Nadelprägungen als Weichprägungen einstufen, unabhängig davon, ob speziell ausgerundete Nadelspitzen zur Erhöhung der Ermüdungsfestigkeit verwendet wurden. Alle weiteren Kennzeichnungsmethoden sind den "Hartprägungen" zuzuordnen. Obwohl für die Plasmamarkierungen vergleichsweise kleine Kerbwirkungszahlen bestimmt wurden, haben sich in den experimentiellen Untersuchungen nicht immer dementsprechend hohe Ermüdungsfestigkeiten ergeben. Diese Diskrepanz wird mit der Aufklärung der Randschicht durch den Plasmamarkierprozess erklärt.Dadurch können sich die Spannungen nicht mehr vollumfänglich umlagern, wodurch die ermüdungswirksame Schädigung nicht so stark abgebaut werden kann. Dieses Verhalten wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gesondert untersucht, wird jedoch als plausibel angenommen. Für eine Einarbeitung einer Kerbfallklasse für gekennzeichnete Bauteile in den Kerbfallkatalog der DIN EN 1993-1-9 wurde ein erster Vorschlag vorgestellt, welcher zu diskutieren ist. Für die Methoden Hartes Stempeln, Fräsen und Plasmamarkieren wurden einheitliche Kerbfallklassen vorgeschlagen. Unter den für die Versuche zugrunde gelegten Randbedingungen wurde für Bleche mit einer Dicke größer oder gleich 15 Millimetern und kleiner als 40 Millimetern eine Kerbfallklasse 100 vorgeschlagen. Für Bleche der Dicke größer oder gleich 40 Millimeter eine Kerbfallklasse von 160. Bei der Anwendung wäre derzeit allerdings zu überprüfen, ob die Markierparameter innerhalb der hier untersuchten Grenzen liegen.

Ausblick

Die präsentierten experimentellen Untersuchungen zur Bestimmung der Ermüdungsfestigkeit basieren auf Ermüdungsversuchen mit einstufigem Lastkollektiv, einem Spannungsverhältnis von R=0,1 sowie in der Regel je Methode einheitlicher Kennzeichnungsparameter. Zudem lagen die ermittelten Bruchlastwechselzahlen teilweise im mittleren Zeitfestigkeitsbereich, weshalb die Wöhlerlinien zur Bestimmung der Kerbfallklassen mit einem Bezugswert der Ermüdungsfestigkeit bei zwei Millionen Lastwechseln extrapoliert wurden. Für diese Serien wäre eine gezieltere Untersuchung mit Ermüdungsversuchen im unteren Zeitfestigkeitbereich oder zur Ermittlung der Dauerfestigkeit sinnvoll. Es kann davon ausgegangen werden, dass durch die Extrapolation teilweise zu konservative Ermüdungsfestigkeiten abgeschätzt wurden.

Die ermittelten Kerbfallklassen beruhen in der Regel auf Versuchsserien mit weniger als zehn geprrüften Versuchskörpern bzw. statistisch relevanten Ergebnissen. Um die ermittelten Kerbfallklassen abzusichern, könnten weitere Untersuchungen zur Erhöhung der Stichprobenanzahl durchgeführt werden, wenngleich in der Regel mit der vorhandenen Anzahl an Versuchskörpern aussagekräftige Wöhlerlinien ermittelt werden konnten. Auf Basis weiterer Untersuchungen könnten zudem die dokumentierten Unregelmäßigkeiten der Versuchsserien weiter analysiert und geklärt werden.

Weiterhin wird es als durchaus sinnvoll erachtet, numerische Studien mit nicht idealisierten Kerben durchzuführen. Hierzu könnten die Daten der im Rahmen dieser Arbeit ermittelten dreidimensionalen Modelle herangezogen werden. Da diese zwar dreidimensional vorliegen, allerdings nicht die Extraktion von dreidimensionalen Koordinaten zulassen, wären alternativ weitere Untersuchungen mittels multidirektionaler fokusvariierender Mikroskopie anzustreben. Eine Ermittlung der Kerbwirkungszahl auf Basis der Realgeometrie kann unter Umständen eine verbesserte Korrelation bewirken, wenngleich der Rechenaufwand durch die importierten Geometrien deutlich ansteigen würde. Zielführend wären darüber hinaus Untersuchungen zur Randschichthärte der plasmamarkierten Versuchskörper. Mithilfe von Härtemessungen innerhalb der Markierspur ließen sich die hier vorgestellten Vermutungen zur Randschichtaufhärtung verifizieren. Denkbar wäre dann auch ein Korrekturfaktor für die ermittelten Kerbwirkungszahlen.

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