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Literature : [ tests/quality control | costs/economy | Software ]

Was kostet Qualität? Wirtschaftlichkeit von Qualität ermitteln


Roland Jochem: Was kostet Qualität? Wirtschaftlichkeit von Qualität ermitteln
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München 2019

Kennzahlen und Kennzahlensysteme weisen nach, ob der Einsatz von Qualitätsmanagement die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens erhöht. Das Buch zeigt, wie die richtigen strategischen und operativen Kennzahlen identifiziert und als Steuergrößen implementiert werden. Damit lassen sich Qualität und Wirtschaftlichkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette zielorientiert planen, steuern und kontrollieren. Neben den unterschiedlichen Bewertungsmethoden und -modellen wird auch das konkrete Vorgehen, die praktische Umsetzung und der damit erzielte Nutzen dargestellt.

Highlights im Buch sind folgende Punkte:

  • Den Einsatz von Qualitätsmanagement erfolgreich bewerten
  • Zielorientiert planen, steuern und kontrollieren - nachhaltig Erfolg sichern
  • Beschreibung und Anwendung eines Simulationsmodells zur Wirtschaftlichkeitsbewertung von QM-Systemen
  • Erklärt durch umfassende Praxisbeispiele

Die Kundenanforderungen an Produkte und Dienstleistungen sowie die Wettbewerbsbedingungen der Unternehmen haben sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Kunden verändern fortwährend und immer schneller ihre Erwartungen an die Produkte, Prozesse und Dienstleistungen eines Unternehmens. Die Folgen der geänderten Marktbedingungen zeigen sich in einem erhöhten Wettbewerbsdruck, einer gestiegenen Produktkomplexität und einer immer größer werdenden Produktvielfalt. Die Industrie kann ihre Kostenvorteile nicht mehr nur über Skaleneffekte realisieren, sondern muss sich zunehmend auf die wesentlichen unternehmerischen Erfolgsfaktoren konzentrieren. Auf diese Weise ist es möglich, eine gezielte Ressourcenallokation vorzunehmen und durch die daraus resultierenden werttreibenden Effekte auch in der Zukunft nachhaltig erfolgreich am Markt zu agieren. Kritiker des Qualitätsmanagements stellen immer wieder heraus, dass das Qualitätsmanagement keinen unmittelbar wertschöpfenden Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet und der Mitteleinsatz auf ein Minimum beschränkt werden muss. Dem gegenüber belegen empirische Erhebungen einen positiven Zusammenhang zwischen dem Erfolg eines Unternehmens und dem Einsatz im Qualitätsmanagement.

Ein direkter Nachweis zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit der qualitätsbezogenen Aktivitäten eines Unternehmens ist ohne Unterstützung von Kennzahlen und Kennzahlensystemen als Frühwarnsystem kaum zu bewältigen. Im operativen Bereich resultieren daraus Anforderungen an eine effiziente Koordination und Steuerung der einzelnen Aktivitäten innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette sowie der darin enthaltenen servicerelevanten Tätigkeiten auf der Grundlage von implementierten Kennzahlensystemen. Kennzahlen, die aber nur den finanziellen Aspekt eines Unternehmens widerspiegeln, reichen nicht aus, um am Markt erfolgreich zu agieren. Die richtigen strategischen und operativen Kennzahlen für das Unternehmen zu identifizieren und sie als Steuergrößen zur gleichzeitigen Steigerung von Qualität und Wirtschaftlichkeit zu implementieren, ist die Herausforderung an das Qualitätsmanagement der Zukunft.

Sind hoher Qualitätsanspruch und Wirtschaftlichkeit miteinander vereinbar?

Dass Qualität ihren Preis hat, ist allgemein bekannt. Es war immer schon ein wenig teurer, einen guten Geschmack zu haben. Denn wer günstig kauft, kauft doppelt. Was wenig kostet, taugt (oft) nicht viel. Diese und viele andere Redewendungen zur Vereinbarkeit von Qualität und Wirtschaftlichkeit haben einen breiten Einzug in den täglichen Sprachgebrauch gefunden. Dabei unterstellen die Sprichwörter inhaltlich eine Unvereinbarkeit von einem hohen Qualitätsanspruch und Wirtschaftlichkeit bzw. geringen Kosten. Demgegenüber stehen kontroverse Redensarten, die besagen, dass sich die Qualität am Ende immer durchsetzt und dementsprechend eine eindeutige Vereinbarkeit von einem hohen Qualitätsanspruch und Wirtschaftlichkeit vorhanden ist. Entsprechende im Buch genannte Ausführungen und Darstellungen zeigen die Problematik einer objektiven Betrachtung zur Vereinbarkeit von Qualität und Wirtschaftlichkeit. Darüber hinaus führen die geänderten Anforderungen einer dynamischeren Unternehmenswelt nicht nur zu erweiterten Kundenanforderungen hinsichtlich Qualität und einer fortwährenden Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements, sondern auch zu einer Komplexitätserhöhung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.

Bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit ist es nicht ausreichend, die qualitätsbezogenen Kosten zu analysieren. Denn Qualität lässt sich nicht isoliert vom Qualitätsnutzen kostenmäßig erfassen. Somit ist es auch nicht möglich, eine betriebswirtschaftliche Qualitätskostenrechnung zu erstellen. Vielmehr ist es erforderlich, die Qualität ganzheitlich und damit in Bezug auf die relative wahrgenommene Qualität (Perceived Quality), die Opportunitätskosten sowie die sich aus dem Qualitätsmanagement ergebenden Nutzenkomponenten (Value und Performance) zu betrachten. Vor diesem Hintergrund werden sowohl die qualitätsbezogenen Kosten und das Qualitätscontrolling, als auch der sich aus den Aktivitäten des Qualitätsmanagements ergebende Nutzen näher erläutert.

Was versteht man unter Wirtschaftlichkeit von Qualität?

Die Bemühungen um Qualität müssen sich wie alle anderen Aktivitäten eines Unternehmens am Wirtschaftlichkeitsprinzip orientieren. Dabei ist man bestrebt, bei einem vorgegebenen Mitteleinsatz einen größtmöglichen Erfolg bzw. einen vorgegebenen Erfolg mit einem möglichst geringen Mitteleinsatz zu erzielen. Dementsprechend stehen bei einer Betrachtung der Wirtschaftlichkeit zum einen der Erfolg/Nutzen, der aus Unternehmensaktivitäten hervorgeht, und zum anderen die Kosten, die durch die Bemühungen entstehen, im Zentrum der Betrachtung.

Die nachführenden Ausführungen umfassen eine Erläuterung der qualitätsbezogenen Kosten sowie eine Übersichtsdarstellung ausgewählter qualitäts­ und kostenbezogener Kennzahlensysteme. Abschließend werden die Value­ und Performance­Generatoren des Qualitätsmanagements aufgezeigt und in den Gesamtkontext der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von Qualität eingeordnet. Fehlerverhütungskosten sind vereinfacht gesagt alle Kosten, die durch vorbeugende bzw. Fehler verhütende Aktivitäten und Maßnahmen entstehen (z.B. Lieferantenbeurteilung und -bewertung, Qualitätslenkung, Prüfplanung und Schulungen im Qualitätsmanagement, Audits). Prüfkosten entstehen bei Qualitätsprüfungen (z.B. Eingangsprüfungen, Fertigungsprüfungen, Endprüfungen) und schließlich alle Kosten, die in diesem Kontext entstehen, mit ein (z.B. Prüfpersonal, Prüfmittel, Messmittel, Prüfdokumentation).

Fehlerkosten entstehen dadurch, dass geforderte Qualitätsmerkmale nicht eingehalten werden. Sie unterteilen sich entsprechend dem Ort, an dem der Fehler entdeckt wird, in interne (Fehlerentdeckung im Unternehmen) und externe Fehlerkosten (Fehlerentdeckung beim Kunden). Die internen umfassen z.B. Ausschuss, Nacharbeit, Ausfälle und Sortierprüfungen. Die externen Fehlerkosten enthalten beispielsweise Garantie- und Gewährleistungsaufwendungen, Produkthaftungskosten, aber auch Ausschuss und Nacharbeit aufgrund von Fehlern, die beim Kunden entdeckt wurden.

Value- und Performance-Generatoren des Qualitätsmanagements

Aus den Aktivitäten des Qualitätsmanagements ergibt sich eine Vielzahl von Effekten, die mittelbar einen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg, zur Wertsteigerung eines Unternehmens sowie zur Erhöhung des Stakeholder-Nutzens leisten. Bei einer näheren Betrachtung der Aktivitäten treten besonders die acht in der DIN EN ISO 9000:2005 definierten Grundsätze des Qualitätsmanagements zur Leistungssteigerung einer Organisation in den Vordergrund. Die entsprechenden Parameter sind Kundenorientierung, Führung, Einbeziehung der Personen, prozessorientierter Ansatz, systemorientierter Managementansatz, ständige Verbesserung, sachbezogener Ansatz zur Entscheidungsfindung und Lieferantenbeziehungen zum gegenseitigen Nutzen.

Die acht Grundsätze zeigen Ansätze, Bereiche und Prinzipien des Qualitätsmanagements auf, die eine positive Wirkung ins Unternehmen projizieren. Die Wirkung entfaltet sich über unterschiedlichste Zusammenhänge, sodass unter der Voraussetzung des Vorhandenseins von allgemeinen Rahmenbedingungen die Inhalte der acht Grundelemente gewissermaßen innerhalb eines Unternehmens als Value- und Performance-Generatoren agieren.

Wichtig: die Generierung von Value und Performance

Rahmenbedingungen zur Generierung von Value und Performance durch Qualitätsmanagement sind zum Beispiel: politische Stabilität, Rechtssicherheit, gesellschaftliche Grundstimmung, Konjunktur, Wettbewerbsintensität, Verkehrs-, Kommunikations- & Bildungsinfrastruktur, Kapitalverfügbarkeit und Lieferanten. Für ein Verständnis der Wirkungsketten ist es erforderlich, Indikatoren entlang der Wirkungsketten im Detail zu betrachten. Sie geben hilfreiche Anhaltspunkte und geben einen Einblick in die vielschichtigen Wirkprinzipien der Qualitätsansätze auf dem Weg zum Unternehmenserfolg. Einzelne verschiedene Modelle veranschaulichen dies.

Zusammenhängend ist zu sagen, dass das Qualitätsmanagement in erster Linie Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat. Daraus resultieren schließlich Kostensenkungen, die sich positiv auf den ökonomischen Erfolg auswirken. Qualitätsmanagement wirkt also auf vorökonomische Zielgrößen, die wiederum über verschiedene Wirkzusammenhänge ökonomische Größen beeinflussen und schließlich in einem Beitrag zum ökonomischen Erfolg resultieren. Als Erkenntnis dient, dass nicht jede qualitätsbezogene Maßnahme auch zwingend zu einer proportionalen Erhöhung der Kundenzufriedenheit führen muss.

Von der externen Effektseite: Kundenzufriedenheit (Wechselbarrieren, Variety-Seeking-Motive, Image, Alternativenanzahl), Erlössteigerung (Ertragspotenzial der Kunden, Preisbereitschaft, Kundenfluktuation, Angebotsbreite). Von der internen Effektseite aus: effiziente Leistungserstellung und Fehlervermeidung (Lernfähigkeit der Mitarbeiter, Leistungsheterogenität, Anforderungsheterogenität, Prozesskomplexität), Kostensenkung (Erkennbarkeit von nicht notwendigen Fehlern, Anforderungskomplexität, Leistungskomplexität). Negativbeispiele zeigen jedoch, dass der ökonomische Erfolg nicht nur von den qualitätsbezogenen Aktivitäten abhängig ist. So weisen vereinzelt selbst renommierte Qualitätspreisgewinner eine negative Entwicklung der finanziellen Performance auf. Das Qualitätsmanagement stellt infolgedessen eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens dar. Aus den Negativbeispielen lässt sich folgern, dass sich das Verhältnis der sich aus den qualitätsbezogenen Tätigkeiten ergebenden Grenzkosten zu dem Grenznutzen ab einem bestimmteb Aktivitätsniveau umkehrt. Bei sehr geringfügigen Qualitätsbemühungen übersteigen die Kosten den daraus entstehenden Nutzen. Ab einem bestimmten Aktivitätsniveau wird der Break-even erzielt und es entsteht ein größerer Nutzen, als Kosten verursacht werden. Dies kehrt sich bei einem sehr hohen Tätigkeitsniveau jedoch wieder um, sodass der generierte Nutzen eines zusätzlichen Ressourceneinsatzes im Vergleich zu den damit verbundenen Kosten aus dem ökonomischen Blickwinkel als nicht sinnvoll zu beurteilen ist.

Ganzheitlichkeit steht im Fokus

Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass für eine optimale Allokation der Ressourcen eine ganzheitliche Betrachtung notwendig ist. Nebenbei: Nach einer Studie des Research Institute of America werden unzufriedene Kunden zu Unzufriedenheitsmultiplikatoren. Jeder unzufriedene Kunde spricht mit acht bis 16 anderen aktuellen oder potenziellen Kunden. Die Neukundenakquirierungskosten werden in der Studie als fünfmal höher eingeschätzt als der erforderliche Aufwand für die Erhaltung.

Das Konzept des TQM zielt dementsprechend darauf ab, bereits gewonnene Kunden durch für den Kunden attraktive Produkte zu halten. Daraus abgeleitet ergibt sich für den Entwicklungsprozess entsprechend dem TQM eine starke Kundenorientierung bei allen Aktivitäten. Die Auswirkungen der Qualitätsbemühungen wirken sowohl auf die Erstellung der technischen Produktqualität, als auch auf die konsequente Umsetzung der vom Kunden erwarteten Leistungen in Produkte. Folglich sind die systematischen Aktivitäten des Qualitätsmanagements in der Produktentwicklung bei der Betrachtung der internen Value- und Performance-Generatoren von hoher Bedeutung.

Qualitätsmanagement in der Produktentwicklung

Eine bedeutende Grundlage für einen nachhaltigen Erfolg auf den von Wettbewerbsdruck geprägten Märkten bildet die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens. Innovationen, sowohl bezogen auf Prozesse, Produkte und Organisationen, ermöglichen die Realisierung von entscheidenden Kosten- und Wettbewerbsvorteilen. Neben den großen Chancen der Innovationen ergeben sich auch Risiken und Gefahren, die im Verlauf der Produktentwicklung abgesichert werden müssen. So muss es einem Unternehmen gelingen, die Kundenanforderungen richtig abzuschätzen, damit auf dieser Basis die Entwicklung zielgerichtet gelenkt werden kann. Nur wenn dieses gelingt, wird ein neues Produkt auf dem Markt vom Kunden angenommen und erzielt das gewünschte Renditeziel des zuvor in die Entwicklung investierten Kapitals. Neben diesem Marktrisiko ergibt sich ein Technologierisiko. Es umfasst das Risiko, das bei vorhandenem Marktbedarf, aber mangelnder Umsetzung im Unternehmen hinsichtlich der Zeit-, Kosten- und Qualitätsforderungen entsteht.

Dank einer Expertenbefragung zum Ziel

Die hauptsächlichen Funktionen und Eigenschaften eines Produktes werden bereits in den frühen Phasen des Produktentstehungsprozesses (PEP) festgelegt. Infolgedessen haben Fehler in den frühen Phasen besonders große Auswirkungen auf die Produktqualität. Die Ergebnisse einer Expertenbefragung innerhalb der Automobilindustrie zu diesem Thema verdeutlichen diese hohe Relevanz. Entsprechend den Experteneinschätzungen lassen sich ca. 30 bis 40 Prozent der Garantie- und Kulanzvolumina auf konzeptbedingte Fehler zurückzuführen.

Die Beherrschung von Komplexität wird immer wichtiger

Vor diesem Fokus sind die Unternehmen gefordert, den Innovationsprozess systematisch und qualitätsorientiert zu gestalten, um die vorhandenen Risikopotenziale hinsichtlich Technologie, Markt, Zeit, Kosten und Qualität zu minimieren. Deshalb ist es erforderlich, bereits zu diesem frühen Zeitpunkt Risikobetrachtungen zu potenziellem Fehlleistungen durchzuführen. Nur so kann sichergestellt werden, dass beim anvisierten SOP der gewünschte Reifegrad des zu entwickelnden Produktes bzw. Prozesses erreicht wird und die angestrebten Ziele erreicht werden. Mit dem Innovationsgrad eines Produktes steigt häufig auch die Komplexität des Systems. Mit der Zunahme der Komplexität wird die Qualität der Spezifikationen und Lastenhefte immer wichtiger, denn diese sind bei komplexen Produkten eine häufige Ursache für Qualitätsprobleme. Damit die Komplexität dennoch vom Menschen beherrscht werden kann, bietet sich die gezielte Anwendung von qualitätsorientierten Modellen an. Modelle bilden die Komplexität vereinfacht ab und machen sie auf diese Weise leichter kommunizier- und planbar.

Als stichhaltig erwiesen: das V-Modell

Durch eine konsequente Anwendung eines derartigen Vorgehensmodells werden die erforderlichen Spezifikationen eindeutig, vollständig und klar strukturiert. Ein in der Entwicklung weitverbreitetes Modell ist das V-Modell. Dieses generische Prozessmodell beschreibt die Entwicklung aus einer technisch-funktionalen Sichtweise. Dabei erfolgt eine Unterteilung des Entwicklungsprozesses in sequenzielle Aktivitäten (Systemerstellung, Qualitätssicherung, Projekt- und Konfigurationsmanagement). Die beiden Arme des Modells umfassen auf der linken Seite die Dekomposition und Definition eines Systems und auf der rechten Seite die Integration und Verifikation. Der Grund des Modells enthält die parallelen und systemspezifischen Entwicklungsaktivitäten der entsprechenden Bereiche mit der Erstellung eines Entwurfs. Dabei existieren für jeden notwendigen Bearbeitungsschritt die genauen Forderungen. Auf diese Weise werden eine lückenlose Dokumentation und hohe Qualität der Spezifikationen und Lastenhefte sichergestellt.

Ein weiteres großes Wirkungsfeld des Qualitätsmanagements (QM) im Bereich der Produktentwicklung liegt bei der gezielten Unterstützung zur Schaffung einer gelungenen Symbiose von Konformität und der für die Entwicklung notwendigen Kreativität. Dabei ist es die Aufgabe des QM, den für die Qualitätsabsicherung erforderlichen normativen Rahmen zu schaffen, in dem für die Entwickler ihre Kreativität marktorientiert entfalten können. Eine geeignete methodische Unterstützung bietet der Einsatz von Quality Gates. Oft finden sich in Unternehmen auch abweichende Bezeichnungen. So ist unter den Begriffen Gateways, Stage-Gates, Syncropunkte, Q-Checks, Readiness Reviews oder Moments of Truths ein vergleichbares Konzept zu verstehen.

Arbeit mit Gates und Meilensteinen

Die Gates sind als eine Art Meilenstein im Verlauf eines Projektes aufzufassen. Im Vergleich zu Meilensteinen sind die Gates zeitlich jedoch nicht so stark fixiert. Sie orientieren sich am Reifegrad eines Projektes. Durch den Einsatz von Gates ergeben sich während des Entwicklungsprozesses Konformitäts- und Kreativitätsphasen. Bei einem Gate wird der aktuelle Stand des Projektes hinsichtlich der Reife sowie bezüglich der möglicherweise veränderten Umwelt betrachtet und überprüft, ob die zuvor definierten Ziele erreicht wurden. Erst wenn der notwendige Reifegrad erreicht wird, geht das Projekt vollständig in die nächste und zugleich meistens auch mit einer höheren Kapital- und Ressourcenbindung versehene Phase über. Auf diese Weise kann nach einer kreativen Entwicklungsphase eine Identifizierung und gegebenenfalls Eliminierung von Risiken erreicht werden.

Im Entwicklungsprozess nimmt die Dauer (time to market) eine zunehmende Bedeutung ein. Je früher ein Unternehmen ein marktreifes Produkt auf dem Markt platzieren kann, desto größer sind die damit verbundenen Rentabilitätsmöglichkeiten der zuvor investierten Entwicklungskosten für das Produkt. Aus diesem Grund ist die interdisziplinäre Kommunikation in Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Eine Reihe von Qualitätsmethoden (z.B. QFD, FMEA) und Konzepten (z.B. Quality Engineering) für die disziplinübergreifende Kommunikation und wirkt als Bindeglied zwischen den einzelnen Funktionsbereichen einer Organisation.

Arbeit mit Qualitätsmethoden

So wird die Veränderung von einem rein sequenziell verlaufenden Entwicklungsprozess zu einer stärkeren Parallelisierung von Aktivitäten gefördert. Dabei werden, anstatt an wenigen Stellen viele und vollständige Informationen zu übergeben, frühzeitig partielle Informationen zwischen den interdisziplinär zusammenarbeitenden Teams ausgetauscht. Darüber hinaus ermöglicht die richtige Anwendung von Qualitätsmethoden und -werkzeugen durch die verbesserte interdisziplinäre Abstimmung und Kommunikation eine Reduktion von dem hohen Abstimmungs-, Übergabe- und Entwicklungsaufwand.

Kundenorientierung

Auch hier ist der Kunde wie immer König. Neben den Kommunikationseffekten wirkt sich eine Reihe von qualitätsbezogenen Aktivitäten durch spezielle wettbewerbsbezogene Ansätze in der Produktentwicklung kostensenkend aus. So wird z.B. über das Target Costing eine Abkehr vom herstell- zum wettbewerbsorientierten Ansatz erreicht und es wird bereits im frühen Entwicklungsprozess ersichtlich, ob ein Produkt zu einem konkurrenzfähigen Preis auf den Markt gebracht werden kann. Der klassische herstellorientierte Ansatz ermittelt den Preis eines Produktes durch Summierung der Kosten und des angestrebten Gewinns (Preis=Kosten+Gewinn).

Preis Plangewinn = Zielkosten

Das Target Costing orientiert sich an der wettbewerbsorientierten Sichtweise und transferiert die vom Markt erlaubten Kosten auf die Produkt- und Prozesskomponenten. Dabei bilden sich die erlaubten Kosten aus der Differenz des erzielbaren Marktpreises und dem geplanten Gewinn (Preis Plangewinn = Zielkosten). Durch die Anwendung der Qualitätsmethode wird das Risiko von kostenintensiven verfehlten Marktplatzierungen gemindert. Darüber hinaus vereinfacht die methodische Unterstützung des Target Costing bessere Vorgaben für die Produktkonzeption und die Kostenziele müssen nicht vollständig auf der Fertigungsseite erzielt werden. Durch die gezielte Ansteuerung eines auf dem Markt erzielbaren Preises ist es möglich, eine hohe Preiszufriedenheit beim Kunden hervorzurufen. Die Preiszufriedenheit tritt ein, wenn die Preiserwartungen des Kunden erfüllt oder sogar übertroffen werden.

Fehlervermeidung

Der Fehlervermeidung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass eine präventive Vermeidung günstiger als eine spätere Fehlerbeseitigung ist. Je früher ein Fehler festgestellt und beseitigt wird, umso größer sind die möglichen Kosteneinsparungen. Während der Konzeptphase reichen oft kleine Änderungen des geplanten Systems aus, um Fehlern präventiv entgegenzuwirken. In der Konstruktionsphase lassen sich Änderungen ebenfalls durch einen verhältnismäßig geringen Aufwand (z.B. Modifikation in der Konstruktionszeichnung) realisieren. Der Umfang einer Änderung zur Fehlerbeseitigung nimmt dementsprechend im fortschreitenden Werdegang eines Produktes während des Entwicklungsprozesses zu. Sollten Fehler erst nach der Markteinführung beim Kunden entdeckt werden, kann die Höhe der Kosten sehr hohe Ausmaße erreichen. Darüber hinaus entstehen in einem derartigen Fall neben den reinen Fehlerbeseitigungskosten auch schwer quantifizierbare Imageverluste beim Kunden. Vor dem Fokus der zunehmenden Kosten von Änderungen sowie der Abnahme von Einsparpotenzialen im Laufe des Produktlebenszyklus verdeutlicht sich die Bedeutung der durch QM angestrebten präventiven Risikominimierung in den frühen Phasen des PEP.

Die qualitätsrelevanten Normen bekräftigen die Bedeutung der präventiven Risikoanalyse

So können entsprechende Änderungen frühzeitig als Reaktion der erkannten Risiken vorgenommen und kann das Auftreten von Fehlern verhindert werden. Eine Produktion mit einem hohen Ausschussanteil aufgrund von Fehlern im Herstellungsprozess erhöht insgesamt gesehen die Herstellkosten für ein verkaufsfähiges Produkt. Demgegenüber stehen keine Möglichkeiten, einen Mehrpreis zu erzielen, da der Kunde für diese Fehlleistungen nicht bereit ist zu bezahlen. Somit lässt sich sagen, dass Fehler schließlich zu Erlösschmälerungen führen. Nach Schätzungen liegt der Fehlleistungsaufwand bei vielen Organisationen zwischen 8 und 20 Prozent des Umsatzes.

Eine in dem Kontext der Risikoanalyse und präventiven Fehlervermeidung häufig Anwendung findende Qualitätsmethode ist die Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA). Sie stellt ein geeignetes Tool zur Identifizierung und Bewertung potenzieller Fehler sowie zur systematischen Definition von erforderlichen Maßnahmen zur Risikominimierung dar. ISO/TS 16 949 fordert z.B. für die Design- und Entwicklungsplanung Methodenkenntnis über die FMEA. Die in der Industrie wichtigen Normen DIN EN ISO 9001, QS 9000 und VDA 6.1 verlangen eine Entwicklung entsprechend dem aktuellen Stand der Technik und damit auch die Durchführung einer Risikoanalyse.

Zeitintensive Schleifen und Rückschritte können in erheblichem Maß gesenkt werden

Fehler verursachen in der Regel Stillstände in der Produktion bzw. erfordern kosten- und zeitintensive Nacharbeit. Dementsprechend sinkt mit der Anzahl der Fehler die Produktivitätsrate eines Unternehmens. Durch die präventive Beseitigung der Fehler ist eine Erhöhung der Produktivität im Fertigungsbereich möglich. Darüber hinaus erstreckt sich die verbesserte Produktivität auch auf die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen. Zeitintensive Schleifen und Rückschritte können in erheblichem Maß gesenkt werden. Auf diese Weise ergibt sich eine verkürzte Entwicklungszeit, sodass sowohl der notwendige Aufwand sinkt, als auch der strategisch wichtige Zeitpunkt des Markteintritts besser gewählt werden kann.

Auch hier gibt es keine zu hundert Prozent fehlerfreien Prozesse

Neben den positiven Effekten auf der Effizienz- und Zeitebene ergeben sich im Kontext der Fehlervermeidung und Risikoanalyse wichtige Auswirkungen im Zusammenhang mit der Produkthaftung. Zwar sollten sich aufgrund der erläuterten Zusammenhänge die primären Anstrengungen eines Unternehmens sicherlich auf die Aktivitäten ausrichten, die ein Auftreten eines Fehlers und gegebenenfalls eines darauffolgenden Schadensfalls verhindern bzw. die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Schadensfalls mindern. Allerdings sind keine Prozesse oder Produkte 100-prozentig fehlerfrei.

Deshalb besteht ein Restrisiko, das gegebenenfalls zu einem Haftungsfall führen kann. Denn wenn fehlerhafte Produkte durch einen Hersteller in den Verkehr gebracht werden, haftet er unter bestimmten Voraussetzungen für die Folgeschäden, die aus der Nutzung des Produktes entstehen. Aus den Aktivitäten des Qualitätsmanagements ergeben sich Exkulpationsmöglichkeiten, die gegebenenfalls einen Haftungsfall abwenden können. So eignen sich die organisatorischen Anforderungen, die an ein Unternehmen nach den ISO-Normen gestellt werden, für eine Minimierung des Produkthaftungsrisikos (Ensthaler 2007). Die in der Qualitätssicherung angewendeten systematischen Risikoanalysen (z. B. FMEA) bieten einem Hersteller eine Möglichkeit der Nachweisführung über die erbrachten Pflichten hinsichtlich der Konstruktions-, Fabrikations- und Organisationsfehler.

Somit ergibt sich aus einer FMEA im Extremfall neben Nutzen in der Produktentwicklung und im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess auch ein erheblicher Nutzen bezüglich der Exkulpationsmöglichkeiten. Bei sehr hoch ausfallenden Schadensersatzansprüchen kann auf diese Weise eventuell sogar die Unternehmensexistenz bewahrt werden.

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

Das Prinzip des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) lässt sich als Managementprinzip auffassen, das unter Einbeziehung aller Mitarbeiter eine ständige, systematische und schrittweise Verbesserung und Beseitigung von Ineffizienz und Fehlern anstrebt. Die Bedeutung des Managementprinzips wird auch in den gängigen Qualitätsnormen DIN EN ISO 9000 ff. herausgestellt, in denen es als Grundsatz für das Management bzw. als ein zentraler Gedanke angesehen wird. Bei KVP handelt es sich nicht um eine herkömmliche Methode zur einmaligen Verbesserung. Der Prozess muss als eine Art Geisteshaltung wahrgenommen werden. Bei der Umsetzung des KVP-Prinzips stellt jeder Mitarbeiter ständig alles Bestehende infrage, analysiert es, zeigt Verbesserungen auf, erprobt diese hinsichtlich der gewünschten Wirksamkeit und definiert es nach einer erfolgreichen Machbarkeits- und Wirkungsanalyse möglichst schnell als neuen Standard.

Die Entscheidungs- und Umsetzungskompetenz wird auf die Ebene der Teilprozessverantwortlichen verlagert

Auf diese Weise werden durch KVP Arbeitsabläufe fortwährend optimiert. Inhaltlich umfassen die identifizierten Verbesserungsvorschläge des KVP in der Regel Elemente, die sich auf die eigenen Arbeitsschritte und Teilprozesse beziehen. Dementsprechend wird die Entscheidungs- und Umsetzungskompetenz auf die Ebene der Teilprozessverantwortlichen verlagert. Diese können sehr schnell die Vorschläge prüfen und gegebenenfalls alles Notwendige zur Umsetzung veranlassen, sodass sehr effizient und schnell identifizierte Verbesserungspotenziale realisiert werden können (Schmelzer/Sesselmann 2007).

Externe Value- und Performance-Generatoren des Qualitätsmanagements

Die externen Value- und Performance-Generatoren des Qualitätsmanagements erstrecken sich auf verschiedene Bereiche, die sowohl unternehmensintern als auch im weiter gefassten Unternehmensumfeld zu finden sind. Die Ausgangsbasis der Generatoren liegt im besonderen Maße bei der durch die Qualitätsbemühungen hervorgerufenen Stärkung der Produktqualität. Ergänzend gehen weitere Nutzeneffekte aus dem Qualitätsmanagement hervor, die nicht unmittelbar auf der Produktqualität fußen. Ausgehend von der Stärkung der Produktqualität lässt sich eine Art Kreisbeziehung von Produktqualität, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Unternehmenserfolg postulieren. So wirkt eine Verbesserung der Produktqualität auf die Kundenzufriedenheit, diese wiederum auf die Kundenbindung und schließlich resultiert ein positiver Beitrag zum Unternehmenserfolg. Die Wirkzusammenhänge sind weder als linear noch als symmetrisch aufzufassen (Huber/Herrmann/Braunstein 2006).

Loyalität wird zum Erfolgsfaktor

Die Intensität des Beitrages hängt von verschiedenen moderierenden Faktoren ab. Kunden, die nach einer Kaufentscheidung bzw. Nutzung einer vom Anbieter offerierten Leistung zufrieden sind, entwickelt eine hohe Loyalität gegenüber der Anbieterseite. Die Loyalität äußert der Kunde dem Anbieter gegenüber durch eine hohe Wahrscheinlichkeit des Wiederkaufens. Loyale Kunden bilden dementsprechend einen nicht zu unterschätzenden hohen immateriellen Wert für ein Unternehmen. Neben der hohen Wiederkaufrate führt eine hohe Kundenzufriedenheit auch zu einer Reduzierung der Preiselastizität. Je nach Kundenloyalitätsintensität lässt sich eine unterschiedliche Preiselastizität unterstellen. Je zufriedener die Kunden sind, desto größer ist ihre Bereitschaft, einen höheren Preis für die Leistung zu zahlen. Dementsprechend substituieren die Nachfrager das zum Konsum beabsichtigte Gut erst bei einem größeren Preisanstieg durch ein Gut eines anderen Anbieters. Dieses besondere Kundenverhalten erschwert dem Wettbewerber die Abwerbung und damit Neugewinnung von Kunden bzw. die Erhöhung der Marktanteile.

Auf Augenhöhe mit dem Kunden

Bei einer derartigen Preiselastizität der Nachfrage reichen Preisreduzierungen oder kostengünstige Zusatzleistungen oft nicht aus, um den Kunden abzuwerben. Die niedrige Preissensibilität der Kunden eröffnet einem Anbieter eine Reihe von preispolitischen Möglichkeiten (z. B. Preisdifferenzierungen, Skimming-Preis, Premium-Preis). Die Kundenzufriedenheit wirkt sich darüber hinaus auf das Cross-Selling-Potenzial eines Anbieters aus. So neigen Kunden mit zunehmender Zufriedenheit dazu, weitere Leistungen von einem Anbieter zu konsumieren (Huber/Herrmann/Braunstein 2006) und es ergeben sich zusätzliche Absatzmärkte.

Produktqualität – Kundenzufriedenheit

Über den Zusammenhang zwischen der Produktqualität und der Kundenzufriedenheit gibt es verschiedene Ansichten. Auf der einen Seite wird ein linearer Zusammenhang zwischen den beiden Größen unterstellt (Bolton/Drew 1991). Auf der anderen und gleichzeitig der verbreitetsten Seite wird ein eindeutig nicht linearer Zusammenhang postuliert (Huber/Herrmann/Braunstein 2006). Das Kano-Modell bildet die theoretische Grundlage des Erklärungsansatzes für den Wirkzusammenhang der beiden Faktoren. Es ist benannt nach dem japanischen Professor und Unternehmensberater Noriaki Kano. Das Modell basiert auf der Motivationstheorie von Herzberg und zeigt den Zusammenhang zwischen der Kundenzufriedenheit und der Erfüllung der Kundenanforderungen. Herzberg unterscheidet zwischen Hygiene- und Motivationsfaktoren.

Diese erläuterte Mehrdimensionalität der Zufriedenheit spiegelt sich im Kano-Modell wider

Eine Erfüllung der Hygienefaktoren dient zur Beseitigung von Unzufriedenheit. Eine Beseitigung der negativen Faktoren kann jedoch nicht zum Erreichen einer Zufriedenheit führen. Es wird lediglich ein Zustand der beseitigten Unzufriedenheit erreicht. Damit Zufriedenheit entsteht, steht, müssen zusätzlich Motivatoren erfüllt werden. Insgesamt gesehen postuliert Herzberg bei seiner Motivationstheorie, dass die Zufriedenheit nicht als ein eindimensionales, sondern als ein mehrdimensionales Konstrukt angesehen werden muss. Diese erläuterte Mehrdimensionalität der Zufriedenheit spiegelt sich im Kano-Modell wider. Dort teilt Kano die Kundenanforderungen in drei Dimensionen (Basis-, Leistungs-, Begeisterungsanforderungen) auf. Durch die verschiedenen Kundenanforderungstypen mit ihren unterschiedlichen Formen der Auswirkung auf die Kundenzufriedenheit wird deutlich, dass der Zusammenhang zwischen Produktqualität und Zufriedenheit nicht linear ist. Gleichermaßen zeigt das Kano-Modell, dass bei einer hohen Kundenunzufriedenheit starke Anstrengungen zur Verbesserung unternommen werden müssen.

Kundenzufriedenheit – Kundenbindung

Die Kundenbindung gewinnt in Anbetracht der steigenden Kosten für die Kundenrückgewinnung sowie aufgrund des verstärkten globalen Verdrängungswettbewerbs immer mehr an Bedeutung. Zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung lässt sich sehr schnell ein Zusammenhang vermuten. Dieser ist in der Literatur auch unbestritten und bereits anhand von empirischen Untersuchungen belegt (Huber/Herrmann/Braunstein 2006). Über die Art des Zusammenhanges gibt es jedoch verschiedene Studienergebnisse. So postuliert eine Reihe von Studien einen progressiven Verlauf des funktionalen Zusammenhangs. Wiederum andere Untersuchungen unterstellen einen sattelförmigen Verlauf. Unabhängig von der genauen Art liegt in der Literatur jedoch ein weiter Konsens vor, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung besteht (Homburg/Becker/Hentschel 2003).

Bei einer näheren Betrachtung des Wirkzusammenhangs der beiden Parameter ist besonders das Kaufverhalten entscheidend. Beim eigentlichen Kaufvorgang trifft der Kunde seine Kaufentscheidung auf der Basis von verschiedenen Faktoren. Die Basis bilden dabei das Markenimage, die Perceived Quality des Produktes bzw. der Dienstleistung sowie die Produktpräsentation (Showroom-Quality) (Prefi 2007). Beim Kaufverhalten gibt es unterschiedliche Arten von Kunden, die angesichts ihrer bisherigen Erfahrungen ein gewisses Maß an Bindung zu einem Unternehmen aufweisen: Sogenannte loyale Kunden sind Kunden, die mit dem konsumierten Produkt bzw. der Dienstleistung sehr zufrieden sind. Sie beabsichtigen, sich dem Unternehmen gegenüber loyal zu verhalten und die Produkte bzw. Dienstleistung erneut nachzufragen. Das anbietende Unternehmen hat es in diesem Fall geschafft, eine stabile Beziehung zu dem Kunden aufzubauen.

Multiplikatoreneffekte ergeben sich

Die Stabilität der Beziehung weist auf eine derart starke Bindung hin, dass keine Gefahr der Kundenabwanderung zu Wettbewerbern besteht. Unzufriedene Kunden hingegen bevorzugen einen Wechsel. Darüber hinaus verbreiten diese Konsumenten ihre Unzufriedenheit weiter, sodass sich oft ungeahnte Multiplikatoreneffekte ergeben. Zum einen wird der Kunde mit hoher Wahrscheinlichkeit das Produkt nicht ein weiteres Mal konsumieren, und zum anderen wird jeder unzufriedene Kunde seine negativen Erfahrungen hinsichtlich der Qualität zwischen neun und 20 weiteren Personen mitteilen (Prefi 2007). Die dritte Gruppe bilden die Kunden, die auf der einen Seite mit dem Produkt oder der Dienstleistung durchaus zufrieden sind, zugleich aber auch ein gewisses Maß an Wechselbereitschaft aufzeigen. Die Kundenbindungsrate befindet sich bei diesen Kunden auf einem niedrigen Niveau. Als Ursache für diese Verhaltensweise wird das Verlangen nach Abwechslung in Verbindung mit dem großen und vielfältigen Angebot angesehen. Darüber hinaus liegen bei den meisten Märkten ein hohes Maß an Wettbewerb und eine vereinfachte Austauschbarkeit der Produkte vor. Die vierte Kundengruppe bildet sich aus den dauerhaft unzufriedenen Kunden.

Der Markt liefert das Umfeld, in dem sich die Zusammenhänge zwischen der Kundenzufriedenheit und der Kundenbindung bilden

Sie zeichnen sich zwar durch eine hohe Wechselbereitschaft aus, jedoch bietet sich ihnen keine Möglichkeit, den Wechsel zu vollziehen (Huber/Herrmann/ Braunstein 2006). Die Wechselprobleme können verschiedener Natur sein. Zum einen sind sehr hohe Wechselbarrieren (z. B. Microsoft) möglich und zum anderen könnte eine Monopolstellung (z. B. öffentlicher Transportsektor) vorliegen. Je nach Marktsituation sind verschiedene Reaktionen der Kunden auf das gleiche Zufriedenheitsniveau zu erwarten. In einer wettbewerbsintensiven Branche geht man von einer nicht linearen Beziehung zwischen Kundenzufriedenheit und -bindung aus. Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass die Veränderung mit zunehmendem Zufriedenheitsniveau asymptotisch verläuft. So resultiert eine Steigerung der Zufriedenheit durch gezielte Anstrengungen und erhöhten Ressourceneinsatz von Unternehmen bei insgesamt sehr hohen Werten nur in einer verhältnismäßig geringen und nahezu vernachlässigbaren Bindungssteigerung.

Kundenbindung – Unternehmenserfolg

Die Kundenbindung erfährt im Lauf der Geschäftsbeziehung einen Wandel. Der Wandel ist unabhängig von der jeweiligen Bindungsart und -intensität und bezieht sich auf die zeitliche Komponente. Mit zunehmender Dauer steigt die gegenseitige Toleranz der Geschäftspartner auf beiden Seiten. Ein mehrjähriger Stammkunde, der einmalig seine Rechnung zum vertraglichen Zeitpunkt nicht fristgerecht bezahlt, verliert im Vergleich zu einem Neukunden, der seine Rechnung ebenfalls verspätet begleicht, im Verhältnis gesehen wesentlich weniger an Wertschätzung. Bei einer inversen Konstellation liegt der Sachverhalt ebenfalls vor. Ein langjähriger Kunde verzeiht eine einmalige Fehlleistung wesentlich großzügiger als ein Kunde mit einer kurzen Geschäftsbeziehung. Ein Ansatz zur Erklärung der zunehmenden Toleranzbereitschaft liegt bei dem erhöhten Interaktionsausmaß. Die wachsenden Interaktionsausmaße beinhalten zugleich ein weiteres wichtiges Element für die Steigerung des Unternehmenserfolgs. Die Inhalte der Interaktion liefern dem Unternehmen z. B. Hinweise bei der Ermittlung von Kundenbedürfnissen (Huber/Herrmann/Braunstein 2006). Durch die verstärkten Interaktionen und den damit gewonnenen hilfreichen Informationen ist die Entwicklung von kundenorientierten und innovativen Produkten und Dienstleistungen erleichtert. Wenn eine Interaktion zwischen den Kunden und dem Anbieter aufgrund von Beschwerden oder Reklamationen erfolgt und diese im Rahmen eines qualitätsorientierten Reklamationsmanagements gesammelt, gefiltert und optimal innerbetrieblich weitergeleitet werden, lassen sich ebenfalls für das Unternehmen wertvolle Informationen und Hinweise entnehmen.

Kundenzufriedenheit-Wiederkaufrate-Preisbereitschaft des Kunden

Parallel erlangt der Kunde durch die verstärkte Beziehung zum Unternehmen im positiven Fall ebenfalls Informationen, die ihm für spätere Interaktionen mit dem gleichen Unternehmen Transaktionskosten einsparen. Die daraus resultierende höhere Kundenzufriedenheit kann sich wiederum positiv auf die Wiederkaufrate sowie auf die Preisbereitschaft des Kunden auswirken, die anschließend den Unternehmen höhere Deckungsbeiträge erlauben. Ein weiterer positiver Nutzen ergibt sich bei einer erhöhten Kundenbindung durch die sich ergebenden Wachstumschancen. Diese erstrecken sich vor allem auf zwei Ebenen. Zum einen ermöglicht eine verstärkte Interaktion bei einer längeren Geschäftsbeziehung eine gesteigerte Kundenpenetration (Bruhn 1998). Die daraus hervorgehenden höheren Konsumvolumina sowie Konsumhäufigkeiten wirken sich direkt auf die Zielgröße des Umsatzes aus. Gleichzeitig ergeben sich Cross-Selling-Potenziale. Durch den bestehenden Kontakt eines Kunden zu einem Anbieter wird dieser über die weiteren Angebote informiert. Aufgrund der bestehenden positiven Erfahrungen mit dem Anbieter besteht eine relativ hohe Bereitschaft, weitere Produkte des Anbieters zu konsumieren. Die Bereitschaft der an einem Unternehmen gebundenen Kunden erstreckt sich darüber hinaus auch auf die Referenzbereitschaft. Stammkunden neigen dazu, ihre positiven Erfahrungen weiterzuempfehlen (Huber/Herrmann/Braunstein 2006). Der damit verbundene Einfluss der Mundpropaganda ist aufgrund der einhergehenden hohen Glaubwürdigkeit als besonders bedeutend anzusehen. Bei zufriedenen und an ein Unternehmen gebundenen Kunden ergeben sich sehr starke Multiplikatoreneffekte (Homburg/ Becker/Hentschel 2003). Bei einer Studie im Rahmen des Kundenbarometers Deutschland im Jahr 2007 wurden Internet­Suchmaschinennutzer zu ihrer Zufriedenheit sowie zu ihrer Weiterempfehlungsabsicht befragt. Von den vollkommen zufriedenen und überzeugten Google-­Nutzern beabsichtigen 85 %, bestimmt eine Weiterempfehlung abzugeben.

Externe Wirkungskette

Die Aktivitäten des Qualitätsmanagements beeinflussen auf der unternehmensexternen Seite sehr unterschiedliche vorökonomische Zielgrößen eines Unternehmens. In erster Linie resultieren die sich ergebenden Effekte aus kausalen, jedoch nicht linearen Zusammenhängen, die sich aus einer Stärkung der Produktqualität ergeben. Die Intensität der externen Effekte wird durch moderierende Faktoren beeinflusst. Zusammenfassend treten die auf der Stärkung der Produktqualität beruhende Steigerung der Kundenzufriedenheit, die Verbesserung der Kundenbindungsrate sowie die Zunahme der Habitualisierung des Kauf- bzw. Konsumverhaltens als besondere Value- und Performance-Generatoren in den Vordergrund.

Interne und externe Value- und Performance-Generatoren des Qualitätsmanagements im Überblick

Die in einzelnen Abschnitten zuvor erläuterten Inhalte haben Indikatoren entlang der Wirkungsketten, die von den Aktivitäten des Qualitätsmanagements zum Unternehmenserfolg führen, aufgezeigt und dabei die wesentlichen Value- und Performance-Generatoren hervorgehoben. Diese beruhen im Wesentlichen auf den acht in der DIN EN ISO 9000 definierten Grundsätzen des Qualitätsmanagements zur Leistungssteigerung einer Organisation (Kundenorientierung, Führung, Einbeziehung der Personen, prozessorientierter Ansatz, systemorientierter Managementansatz, ständige Verbesserung, sachbezogener Ansatz zur Entscheidungsfindung, Lieferantenbeziehungen zum gegenseitigen Nutzen) und projizieren mittel- sowie unmittelbar positive Beiträge zur Wertsteigerung in ein Unternehmen. Auf der unternehmensexternen Seite stehen die Kundenorientierung und die Steigerung der Produkt- sowie Prozessqualität im Vordergrund. Von diesen Parametern werden vielschichtige Wirkungsketten angestoßen, die zunächst auf vorökonomische Zielgrößen innerhalb des Unternehmens wirken. Sie bilden die originäre Basis für die Entstehung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.

Preiszufriedenheit beim Kunden

Gleichzeitig ergeben sich aus der Produktqualität starke kausale Bezüge zu verbesserten Möglichkeiten für den Aufbau eines positiven Qualitätsimages sowie für die verbesserte Marktpositionierung. Zufriedene Kunden erweisen einem Unternehmen eine hohe Loyalität. Neben der sich daraus ergebenden hohen Wiederkaufrate entstehen auch Kommunikationseffekte. Diese konstatieren sich im besonderen Maß im Nutzen aus der Mund-zu-Mund-Kommunikation zwischen aktuellen und potenziellen Kunden (beispielsweise tragen zufriedene Kunden ihre positive Erfahrung an potenzielle Kunden weiter). Den Empfehlungen wird vom Empfänger eine überdurchschnittlich hohe Glaubwürdigkeit unterstellt, sodass sich aus den Kommunikationseffekten wertvolle Beiträge zur Neukundenakquisition ergeben. Darüber hinaus resultiert aus einer Kundenzufriedenheit eine Reduzierung der Preiselastizität der Kunden gegenüber den vom Anbieter offerierten Leistungen. Bei notwendigen Preisanpassungsmaßnahmen ist deshalb mit geringeren Nachfrageeffekten und weniger Verlusten von Marktanteilen zu rechnen. Durch die vom Qualitätsmanagementsystem unterstützten Konformitätsnachweise können vereinzelt Handels-/Marktbarrieren beseitigt werden. Auf diese Weise kann das Qualitätsmanagement durch normkonforme Aktivitäten und Prozessgestaltungen die Basis zur Erschließung neuer Absatzmärkte und zur Stärkung von Vertrauen zwischen Handelspartnern legen. In vielen Märkten werden darüber hinaus von den Kunden Nachweise über Konformität verlangt. Dementsprechend können in einigen Branchen die Nachweise als elementar für Produktabsätze angesehen werden. Die angesprochenen externen Value- und Performance-Generatoren schaffen in der skizzierten Form unter Einfluss der unternehmensindividuellen moderierenden Faktoren und Rahmenbedingungen einen positiven Beitrag auf die vorökonomischen Zielgrößen eines Unternehmens.

Die positiven Nutzeneffekte erstrecken sich neben dem unternehmensexternen auch auf den -internen Bereich

Sie transferieren sich über kausale Zusammenhänge auf die betriebswirtschaftlichen Zielgrößen der Erlös- sowie Marktanteilssteigerung und bewirken eine Wertsteigerung durch das Qualitätsmanagement. Die positiven Nutzeneffekte erstrecken sich neben dem unternehmensexternen auch auf den -internen Bereich. Durch die prozessorientierte und damit abteilungsübergreifende Ausrichtung beeinflusst das Qualitätsmanagement die Leistungserstellungseffizienz eines Unternehmens. Besonders die Prozessorientierung sowie die interdisziplinäre Kommunikation resultieren in einer Minimierung der Schnittstellenprobleme. Qualitätsprogramme sorgen für eine kontinuierliche Verbesserung, Implementierung und Standardisierung von Best-Practice-Lösungen in allen Unternehmensbereichen und wirken auf diese Weise unmittelbar auf die Effizienz entlang der Leistungserstellung. In der Konzentration auf die Prozesse sowie in deren konsequente Verbesserung liegt gleichzeitig ein Potenzial des Imitationsschutzes. Dieses Potenzial wird bei dem sich nachhaltig verstärkenden Wettbewerbsdruck immer mehr an Bedeutung gewinnen. Je besser ein Prozess beherrscht wird, desto schwieriger ist die gleichwertige Imitation durch Wettbewerber.

Die Zufriedenheit des Kunden steht im Fokus

Diese kostensenkenden Effekte im Bereich der Leistungserstellungseffizienz ermöglichen einem Unternehmen, je nach Geschäftsstrategie, gezielt verschiedene Preissegmente eines Marktes bedienen zu können. Die präventive Fehlervermeidung erweist sich in Anbetracht der im Zeitverlauf exponentiell ansteigenden Fehlerbeseitigungskosten ebenfalls als äußerst bedeutend. Sie senken darüber hinaus das Risiko von kostenintensiven Ressourcenfehlallokationen und das Risiko für den Eintritt von Schadensfällen beim Kunden. Die verstärkten Qualitätssicherungselemente sowie die gezielte Kundenorientierung ermöglichen in der Produktentwicklung eine Verkürzung des Produktentwicklungsprozesses. So ergibt sich neben den Kostenminimierungen aus einer verbesserten Ressourcenallokation eine Verbesserung der time to market mit dem damit verbundenen Absatznutzen. Im juristischen Bereich ergeben sich durch die Qualitätsaktivitäten ebenfalls positive Effekte. So bieten bei einer konsequenten Umsetzung die Qualitätssicherungsmaßnahmen durch eine Nachweismöglichkeit über die Erfüllung der organisatorischen Pflichten eines Unternehmens Exkulpationsmöglichkeiten hinsichtlich der Produkt- und Produzentenhaftung.

Zusammenfassung

Diese internen Value- und Performance-Generatoren schaffen in der skizzierten Form einen positiven Beitrag auf die vorökonomischen Zielgrößen eines Unternehmens. Sie transferieren sich über kausale Zusammenhänge auf die betriebswirtschaftlichen Zielgrößen der Kostensenkung und marktbedingten Erlössteigerung und münden in einer Steigerung des Stakeholder-Nutzens. Das Ausmaß des Nutzenbeitrages aus den qualitätsbezogenen Tätigkeiten wird durch unternehmensindividuelle moderierende Faktoren und Rahmenbedingungen beeinflusst.

Resümierend lässt sich sagen, dass das Qualitätsmanagement vor dem Fokus der Verstärkung des Wettbewerbsdrucks durch eine Vielzahl von Aktivitäten unternehmensinterne und externe Value- und Performance-Steigerungen sowie eine Verbesserung des Stakeholder-Nutzens generiert. Eine gezielte und auf die unternehmensindividuellen Rahmenbedingungen abgestimmte Investition im Qualitätsbereich wird bei einer konsequenten und das ganze Unternehmen durchdringenden Anwendung eine positive und nachhaltige Rendite hervorrufen.

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