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Diatomeen – biologische Vorbilder für den bionischen Leichtbau


Ein Fahrrad aus dem 3D-Drucker, das 60 % weniger wiegt und auch noch cool aussieht – diese und andere tolle Erfindungen verdanken wir dem bionischen Leichtbau.

Bionischer Leichtbau ist ein Forschungszweig, in dem die Prinzipien der Bionik so angewandt werden, dass ein Bauteil gewichtsmäßig stark optimiert wird, bei mindestens gleichbleibender Stabilität. Vorbild für die Forschung sind die Diatomeen, mikroskopisch kleine Kieselalgen. Diese sind allein optisch schon ein Hingucker – vorausgesetzt, man hat ein gutes Mikroskop. Für die Bionik sind sie vor allem wegen ihrer Silikatschale interessant, die nicht nur eine atemberaubende Formenvielfalt aufweist, sondern für ihre Größe und ihr geringes Gewicht auch noch extrem stabil ist. Ein gefundenes Fressen für alle, die sich für die Optimierung von Bauteilen interessieren! Denn spätestens seit den immer strengeren Umweltvorgaben der EU rückt die Gewichtsoptimierung in der Automobilbranche immer mehr in den Fokus. Doch auch bei Fahrrädern ist sie von Bedeutung. Die Silikatschale der Diatomeen kann übrigens noch mehr als leicht sein – sie ist auch stabil, und zwar so stabil, dass sie den Attacken von Fressfeinden standhalten kann. Gegen einen Wal haben sie zwar keine Chance, wohl aber gegen die viel kleineren Copepoden und Krill. Diese Widerstandsfähigkeit macht sie zu einer der erfolgreichsten marinen Gruppen von Lebewesen, die einen hohen Anteil an der globalen Primärproduktion („Fotosynthese“) aufweisen und eine wichtige Lebensgrundlage für größere Tiere bilden.

Was macht die Diatomeen-Schale so leicht?

Die Schale der Diatomeen besteht hauptsächlich aus Silikat, einer Silicium-Sauerstoff-Verbindung. Silikate sind zunächst einmal spröde, werden aber in der Diatomeen-Schale von verschiedenen Biomolekülen ergänzt, welche die Fasern wesentlich verstärken und elastisch machen. Für eine Optimierung von Materialien, die hohen Belastungen ausgesetzt sind, eignen sich die Diatomeen als hervorragend.

Grundlage für interessante Anwendungen im bionischen Leichtbau

Die kleinen Meereslebewesen standen u.a. Pate bei der Entwicklung des „Bionic Bike“, einem Projekt des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven. Der Bioniker Paul Bomke entwickelte dabei ein Fahrrad, das mit Hilfe des auf Diatomeen-Forschung beruhenden ELiSE-Verfahrens sehr leicht konstruiert wurde. So profitiert das Bionic Bike im Bereich des stark belasteten Tretlagers von sogenannten adaptiven Gitterstrukturen, die das Ganze versteifen und gleichzeitig Gewicht sparen. Der ganz große Clou: Das Bionic Bike wurde nicht, wie für Fahrräder sonst üblich, per Metallschweißung hergestellt, sondern im 3D-Drucker im Laserstrahlschmelz-Verfahren aus einer Aluminiumlegierung. Das Ergebnis: Nicht nur geringes Gewicht und hohe Stabilität, sondern zusätzlich eine Haptik „aus einem Guss“, da keine Schweißnähte anfallen!

Eine weitere Technologie: Diatomeen als Fälschungssicherungs-Partikel

Eine andere Diatomeen-abgeleitete Technologie, die mit bionischem Leichtbau nichts zu tun hat, ist „Secucell“. Die bereits angesprochene Formenvielfalt der Kieselalgen bedingt, dass man sie als Sicherheitspartikel einsetzen kann. Durch Fälschungen von Banknoten oder Produkten entsteht immerhin ein weltweiter wirtschaftlicher Schaden von bis zu 500 Milliarden Euro. Im Moment wird am AWI im Rahmen des „Secucell“-Projekts geforscht, inwiefern sich Diatomeen als nicht reproduzierbare Partikel auf den Originalen anbringen lassen, um den Produktschutz zu verbessern. Dazu muss freilich ein standardisierter Herstellungsprozess entwickelt werden, der die Erzeugung bestimmter Diatomeen-Partikel ermöglicht, die dann in Ergänzung zu Wasserzeichen und Hologrammen vielleicht bald auf unseren Euroscheinen zu sehen sind – vorausgesetzt, man hat ein gutes Mikroskop.


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